Augsburger Allgemeine (Land West)
Diese Burg sah schon viele Herren
Ortstermin Über Markt herrschten schon ein Kaiser, eine Königin und der reichste Mann der Welt. Heute leben unter anderem Christian Fries und Familie auf dem Burgberg. Und dann ist da noch die Geschichte mit dem Klo
Biberbach-Markt
Als Christian Fries das erste Mal in seinem heutigen Wohnhaus spielte, verschwendete er noch keinen Gedanken daran, später einmal hier mit seiner eigenen Familie zu wohnen. Damals lebte hoch oben auf dem Burgberg von Markt noch sein Klassenkamerad – und Christian Fries spielte eben dort als Schuljunge mit Zinnsoldaten. Heute blickt der zweifache Familienvater bereits auf über zehn Jahre in eben diesem Haus zurück, das in der frühen Geschichte das Gesindehaus der Herren von Burg Markt war.
Mit dem Einzug im Jahr 2005 beschäftigte er sich auch mit der Geschichte der Burg und ihren Geheimnissen und Legenden.
Schon die erste urkundliche Erwähnung der Burg Markt gibt Rätsel auf. Allerdings verrät ein Blick in die Historie und die Informationstafeln, die heute dort zu finden sind, dass die „alte Burg“einst dort gestanden haben muss, wo heute die Wallfahrtskirche und das Pfarrhaus von Biberbach zu finden sind. Erst im 14. Jahrhundert wurde die Burg Markt dort angelegt, wo heute noch der alte Bergfried als steinerner Zeitzeuge zu sehen ist.
Die Folgezeit der Burg Markt hätte turbulenter nicht sein können. Zunächst fiel die Burg im Jahr 1381 dem Streit von Marschall Erkinger von Biberbach und den Augsburgern zum Opfer und wurde zerstört. 1399 wurde die Burg erneut zerstört und wieder aufgebaut. Ruhiger wurde es erst nach dem Abschluss des Ewigen Landfriedens. Fortan sollte die Burg nicht mehr militärisch genutzt werden, sondern als Residenz bewohnt werden.
Die Zeit der Fugger, die Stammhäuser in Wellenburg und Babenhausen bewohnten, begann im 16. Jahrhundert: 1514 verpfändete Kaiser Maximilian I. die Burg an Jakob Fugger den Reichen. Fortan wichen die Fugger nur noch zeitweise aus ihrer Burg. Eine berühmte Episode spielte im Jahr 1632, als Königin Eleonore von Schweden den Bergfried für ein halbes Jahr bewohnte.
Erst im 20. Jahrhundert endet die Linie der Fugger direkt auf dem Burgberg und verlagerte sich buchstäblich vor die alte Burganlage. Mit dem Verkauf weiter Teile der ursprünglichen Burganlage entstand quasi eine neue Fugger-Residenz: die Villa Lillefors, die heute von Carl-Anton Fürst Fugger Babenhausen de Polignac bewohnt wird. Und ebendiese Villa ist auch das, was die Besucher als Erstes erblicken, wenn sie sich auf den ungewissen Weg auf den Burgberg hinauf machen.
Christian Fries kannte diesen Weg bereits, als er vor gut zehn Jahren das einstige Arbeiterhaus begutachtete und befand: Dort will ich mit meiner Familie wohnen. Und obgleich das Häuschen auf dem abgelegenen Berg nicht im „alten Ortskern“liegt, wie sich das Christian Fries immer gewünscht hatte, so war er doch begeistert von Haus und Grund. Er kaufte das Haus, das heute der gelbe Farbtupfen auf dem Burgberg ist, und schuf einen schön angelegten Garten, der früher einmal der Burggraben gewesen sein muss.
Eine Hackschnitzelheizung zog ins Haus ein. Die Außenmauer wurde renoviert. Alle Veränderungen dürfen nur mit Blick auf den ver- hängten Ensembleschutz umgesetzt werden, was für Christian Fries unter anderem auch bedeutet: das Haus muss gelb bleiben. Dass das Haus nicht immer diese Farbe hatte, erfuhr der gebürtige Markter bei einem Vereinsjubiläum, bei dem er ein Bild seines Wohnhauses erblickte, bei dem offensichtlich die Farbe fehlte. Doch das weiße Haus auf dem Bild war kein Fehler, sondern ein Abbild früherer Zeiten.
Wenn der gelernte Landwirt nicht im Haus werkelt oder sich um seine Kinder Johanna (22 Monate) und Sebastian (3 Monate) kümmert, dann findet man ihn an seinem Lieblingsort: in der alten Schmiede, die nach und nach wieder ihrer alten Bestimmung zugeführt werden soll. Sie stammt aus den 1860er-Jahren. Im Untergrund befinden sich die Reste einer Grundwasserpumpe samt Brunnenschacht, der einst als Fluchtweg gedient haben soll. Noch heute gibt es eine Querverbindung, die bis zu dem Berg führt, der hinauf zum Meitinger Ortsteil Langenreichen führt.
Die Anziehungskraft der Burg, der Türme und des Gartens von Christian Fries ist gerade bei schönem Wetter sehr groß. Und obgleich mittlerweile Schilder darauf verweisen, dass Unbefugten der Zutritt verboten sei, wurde Freundin Annelie schon einmal von Touristen im eigenen Garten überrascht oder überraschte ihrerseits auch bereits Ausflügler, die in ihrem Vorgarten ein Picknick veranstalteten. Christian Fries schüttelt bei der Erinnerung daran den Kopf. „Es ist schön, wenn jemand Interesse an der Geschichte zeigt“, erklärt er, doch häufig werde dabei vergessen, dass es sich um Privatbesitz handle.
Gegen ein bisschen mehr Trubel hätte der Familienvater indes nichts. Und so gibt er auch zu: Als der Reitstall noch belebt war und es gemeinsame Abende mit den Reitern und im Reiterstüble gab, war es viel lebendiger auf dem Burgberg. Heute steht der einstige Stall leer und das Pferdegetrappel, das noch zu hören ist, gehört zu den Tieren, die neben der alten Schmiede leben.
Christian Fries hat diesen Teil vermietet – und werkelt gerade daran, den Reitern dort ein kleines Reiterstübchen einzurichten. Langweilig wird es Christian Fries trotz der Ruhe auf dem Berg also nicht.
Terrasse und Burgmauer stehen als Nächstes auf seiner To-do-Liste und auch im eigenen Dachboden ist noch viel zu tun. Bei all den Plänen schwingt dennoch ein Fünkchen Wehmut in Christian Fries’ Worten. Denn auf dem Berg habe sich vieles verändert. So hat er sich bis heute nicht daran gewöhnt, dass die Besucher und auch er selbst zunächst ein großes, via Funk bedienbares Tor passieren müssen, bevor sie im Burghof stehen und umgeben sind von einer Vielzahl an historisch bedeutenden Gebäuden.