Augsburger Allgemeine (Land West)
Gott ist die Brücke
Sara besucht das W-Seminar zum Thema „Tod und Sterben“. Ganz bewusst entschied sie sich dafür, fand das Thema im Religionsunterricht der 10. Klasse bereits sehr interessant. In ihrer Seminararbeit, die sie vor kurzem abgegeben hat, hat sie sich mit den verschiedenen Trauerphasen beschäftigt wie sie z. B. die Psychologin Verena Kast beschreibt. Vor eineinhalb Jahren, als sie das Seminar wählte, konnte sie nicht wissen, dass ihre Oma in diesem Sommer sterben würde. Auf einmal erlebte sie hautnah, was sie da in ihrer Arbeit beschrieb und worüber sie im Seminar und Religionsunterricht viel erfahren und nachgedacht hatte. Das war eine gute Vorbereitung für sie, wenn es auch den Schmerz nicht wegnehmen konnte. Aber weil sie wusste, wie hilfreich es für ihre Trauer sein würde, gestaltete sie den Abschied von ihrer Oma ganz bewusst, sagte ihr noch einmal, wie wichtig sie für sie und ihr Leben war. Ihre Oma gab ihr in ihren letzten Tagen eine Karte mit einem Menschen, der, von einem Regenbogen umfangen, in ihm geborgen war. Immer wieder erinnert sie sich an die letzten Worte ihrer Oma: „Sara, ich muss bald gehen. Aber du bist nicht allein. Gott ist mit dir. Er ist die Brücke zwischen uns, die Brücke zwischen Leben und Tod.“In allem Auf und Ab ihrer Gefühle und Gedanken, in allen Phasen ihrer Trauer, in ihrem Schmerz waren diese Worte immer in ihren Ohren. Vor ein paar Tagen hat ihre Familie eine Einladung der Kirchengemeinde bekommen. An diesem Sonntag, dem Ewigkeitssonntag, geht das Kirchenjahr zu Ende und in evangelischen Gottesdiensten werden für alle Verstorbenen des vergangenen Kirchenjahres Kerzen angezündet, auch für ihre Oma. Sara wird den Gottesdienst besuchen und bei dem Licht für ihre Oma an ihre letzten Worte denken und an die Worte aus dem letzten Buch der Bibel. Sie standen auf der Rückseite der Karte: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.“