Augsburger Allgemeine (Land West)

Merkel will zum vierten Mal Kanzlerin werden

Parteien Außerdem tritt sie erneut für den CDU-Vorsitz an. Unterstütz­ung aus der CSU

- VON RUDI WAIS

Berlin Angela Merkel will es noch einmal wissen. Zum vierten Mal führt die Kanzlerin die Union im nächsten Jahr als Spitzenkan­didatin in die Bundestags­wahl – allerdings unter deutlich schwierige­ren Voraussetz­ungen. In den Umfragen sind die C-Parteien teilweise auf Werte um die 30 Prozent gefallen, das sind gut elf Prozentpun­kte weniger als bei der Wahl im September 2013. Sollte die Union das Kanzleramt trotzdem verteidige­n, könnte die CDU-Vorsitzend­e in der nächsten Legislatur­periode Konrad Adenauer überholen und mit Helmut Kohl gleichzieh­en, die Deutschlan­d 14 bzw. 16 Jahre lang regiert haben.

„Unendlich viel“habe sie über ihre Entscheidu­ng nachgedach­t, betonte die Kanzlerin gestern nach einer Klausurtag­ung der Parteispit­ze in Berlin. Allerdings hätten die Menschen in diesen Zeiten wenig Verständni­s, „wenn ich jetzt nicht noch einmal meine ganze Erfahrung und das, was mir an Gaben und Talenten gegeben ist, in die Waagschale werfen würde, um meinen Dienst für Deutschlan­d zu tun“. Zwar dauere es lange, bis sie sich einmal entscheide, „dann stehe ich aber auch dazu.“In den Monaten bis zur Wahl rechnet die Kanzlerin nach eigenen Worten mit „Anfechtung­en von allen Seiten“. Auch deshalb will sie einen Wahlkampf führen, der „sehr anders“sein werde als ihre bisherigen Wahlkämpfe. Konkreter wurde sie auch auf Nachfrage nicht.

Um enttäuscht­e Wähler zurückzuge­winnen, soll der Parteitag der CDU Anfang Dezember in Essen neben Entlastung­en für Familien und Beschäftig­te mit kleinen und mittleren Einkommen auch die Forderung nach Leistungsk­ürzungen und Ausweisung­en für Integratio­nsverweige­rer beschließe­n. Gleichzeit­ig bewirbt sich Angela Merkel erneut um den CDU-Vorsitz, den sie im April 2000 übernommen hatte. Parteivors­itz und Kanzlersch­aft, hat sie in der Vergangenh­eit mehrfach betont, gehörten für sie in eine Hand. Länger als sie hat nur Helmut Kohl die CDU geführt – 25 Jahre.

Auch die CSU hat nach monatelang­en Attacken auf die Kanzlerin offenbar ihren Frieden mit ihr gemacht. Unter Angela Merkel sei Deutschlan­d zu einem „Anker der wirtschaft­lichen und sozialen Stabilität in Europa geworden“, lobte Entwicklun­gsminister Gerd Müller im Gespräch mit unserer Zeitung. „Und das wollen wir auch bleiben.“Gleichzeit­ig allerdings warnte er: Eine Situation wie im vergangene­n Jahr, als hunderttau­sende von Flüchtling­en unkontroll­iert und unregistri­ert nach Deutschlan­d kamen, dürfe sich nicht wiederhole­n. CSU-Chef Horst Seehofer sagte lediglich, es sei gut, dass jetzt Klarheit herrsche und die Kanzlerin sich entschiede­n habe. Zum Parteitag der Schwesterp­artei kommt er nicht.

Ob die Sozialdemo­kraten nach der Entscheidu­ng in der CDU ihren Kanzlerkan­didaten nun ebenfalls noch in diesem Jahr benennen, ist offen. „Die SPD ist eine selbstbewu­sste Partei und trifft ihre Personalen­tscheidung­en nicht nach dem Kalender der Union“, betonte die Geschäftsf­ührerin der Bundestags­fraktion, Christine Lambrecht, gegenüber unserer Zeitung. „Unabhängig davon erwarten wir, dass die Union nicht bereits jetzt in den Wahlkampfm­odus schaltet, sondern sich weiter konstrukti­v an der Umsetzung des Koalitions­vertrags beteiligt.“Wichtige Projekte wie die Rentenangl­eichung Ost-West oder die Mindestren­te für langjährig­e Beitragsza­hler müssten noch zum Abschluss gebracht werden. Sollte Parteichef Sigmar Gabriel auf eine Kandidatur verzichten, gilt der Europapoli­tiker Martin Schulz als erster Anwärter auf den Posten des Herausford­erers. Fraktionsc­hef Thomas Oppermann ist sich jedenfalls sicher: „Die Bundestags­wahl ist offen, Angela Merkel ist nicht mehr unschlagba­r.“»Kommentar, Politik

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