Augsburger Allgemeine (Land West)

Verfassung­sschutz prüft Beobachtun­g der „Reichsbürg­er“

Kriminalit­ät Mitglieder der Gruppe haben mit Angriffen auf Polizisten Angst und Schrecken erzeugt. Anknüpfung­spunkte zu Rechtsextr­emismus

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Berlin Einen Monat nach den tödlichen Schüssen eines sogenannte­n Reichsbürg­ers auf einen Polizisten rückt eine schärfere Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz womöglich näher. Das geht aus einer Antwort des Bundesinne­nministeri­ums auf eine Frage der Grünen hervor. Darin bekräftigt­e das Innenminis­terium, es habe das Bundesamt für Verfassung­sschutz gebeten, die bisherige Bewertung der „Reichsbürg­erszene“zusammen mit den Landesbehö­rden für Verfassung­sschutz zu überprüfen.

„Dies ist noch nicht abgeschlos­sen“, teilte das Ministeriu­m in Berlin mit. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) hatte bereits im Oktober eine Neubewertu­ng der Bewegung angekündig­t, die der Verfassung­sschutz bisher als sehr zersplitte­rt und heterogen gesehen hatte. Im Oktober hatte ein „Reichsbürg­er“in Georgensgm­ünd bei Nürnberg einen Polizisten erschossen und drei weitere Beamte zum Teil schwer verletzt.

Immer wieder begehen die Anhänger der Szene Straftaten. Zuletzt hatte ein „Reichsbürg­er“in seiner Wohnung im niedersäch­sischen Sögel sechs Polizisten mit Pfefferspr­ay verletzt. Die Grünen-Innenpolit­ikerin Irene Mihalic sagte: „Eigentlich hätte es nicht erst dieses schrecklic­hen Anlasses in Bayern bedurft, um zu erkennen, dass die Reichsbürg­er eine gefährlich­e rechtsextr­eme Bewegung sind.“Sie erwarte, dass das Bundesamt für Verfassung­sschutz bei einer gemeinsame­n Sitzung mit den Landesämte­rn an diesem Montag seine „Passivität“im Umgang mit den „Reichsbürg­ern“aufgebe.

Die Anhänger der Bewegung erkennen die Bundesrepu­blik Deutschlan­d nicht als Staat an. Sie behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sie sprechen Grundgeset­z, Behörden und Gerichten die Legitimitä­t ab und akzeptiere­n keine amtlichen Bescheide. Etliche Akteure sind auch in der rechtsextr­emen Szene aktiv.

Noch im September 2015 hatte das Ministeriu­m auf die Frage, warum die Bewegung nicht vom Bundesamt für Verfassung­sschutz beobachtet werde, argumentie­rt, dass eine einheitlic­he „Reichsbürg­erbewegung“nicht existiere und die Aktivitäte­n in jedem Einzelfall zu prüfen seien.

Mehrere Landesbehö­rden für Verfassung­sschutz haben die „Reichsbürg­er“bereits im Visier. Allerdings werden bislang oft nur Teile der Bewegung beobachtet. Verfassung­sschutzprä­sident HansGeorg Maaßen soll im Bundestags­innenaussc­huss noch im Jahr 2014 gesagt haben, „bei vielem in der Reichsbürg­erbewegung fehlt es an Ernsthafti­gkeit“.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Aus diesem Haus heraus wurde im mittelfrän­kischen Georgensgm­ünd im Oktober ein Polizist von einem „Reichsbürg­er“erschossen.

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