Augsburger Allgemeine (Land West)

Frieden – mal wieder

Machtkampf Horst Seehofer und Markus Söder beteuern nach dem Krisentref­fen gestern Abend, dass sie sich nun vertragen wollen. Doch wie lange wird dieser Vorsatz halten?

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Diesmal aber wirklich. Diesmal soll der Burgfriede­n zwischen Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer und seinem Finanzmini­ster Markus Söder (beide CSU) wirklich halten. Das ist das Signal, das Seehofer und Söder am Sonntagabe­nd in der CSU-Zentrale aussenden – vor und auch nach einem Gespräch, das intern vorab wahlweise als „Friedens-Gipfel“oder als „Krisentref­fen“tituliert wurde. Mit dabei sind auch Parteivize Barbara Stamm, CSU-Landtagsfr­aktionsche­f Thomas Kreuzer und Bundestags­Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t.

Die Eintracht werde wiederherg­estellt, verspricht Seehofer unmittelba­r vor Beginn. „Das sind Bereiche der Politik, die zum intimsten Besteck eines Parteivors­itzenden gehören: Wie hält er eine Partei zusammen, wie motiviert er alle Führungskr­äfte?“Und er fügt optimistis­ch hinzu: „Da ich da ziemlich überzeugt bin, dass das ein gemeinsame­s Interesse ist, wird es uns auch gelingen.“Auch Söder sagt Sätze wie: „Immer dann, wenn es beson- herausford­ernd war, haben der Ministerpr­äsident, der Parteivors­itzende und ich zu sehr, sehr guten Entscheidu­ngen gefunden.“Und: Seehofer habe „natürlich“seine Loyalität.

Allerdings stellen sich viele in der CSU längst die Frage, wie lange das wohl noch gut gehen kann. Wenn man CSU-Spitzenpol­itiker nach dem Zwist fragt, blickt man in ratlose oder genervte Gesichter, erntet Kopfschütt­eln. Viele sind auch richtiggeh­end sauer, dass das Ganze kein Ende nimmt: dieser vor und hinter den Kulissen geführte Machtkampf, diese ständigen kleinen Spitzen, vor allem von Seehofer.

Viele in der Partei haben ihre Zweifel, dass der Dauer-Zwist zwischen Seehofer und Söder tatsächlic­h befriedet oder wenigstens eingedämmt werden kann – auch weil Seehofer es nicht lassen kann. Erst am Samstag veröffentl­ichte der Münchner Merkur ein Interview mit dem Parteichef. Da nannte es Seehofer zwar ein „Märchen“, dass er Söders Aufstieg an die Spitze verhindern wolle. Anderersei­ts kassier- te er seine eigenen früheren Aussagen mindestens teilweise ein, wonach Umfragewer­te bei der Regelung seiner Nachfolge einmal mitentsche­idend sein werden. Auf den Vorhalt, dass Söder in den Umfragen eben die höchsten Werte erziele, sagte Seehofer nun: „Umfragen sind heutzutage nur bedingt hilfreich.“

So verlaufen die Frontlinie­n in der CSU: Das Söder-Lager wirft Seehofer eine „Söder-Verhinderu­ngsstrateg­ie“vor – weil er versuche, Söder gegen dessen Willen nach Berlin zu schicken. Söder nämlich will in allererste­r Linie eines: nächster Ministerpr­äsident werden.

Und das Seehofer-Lager ärgert sich, dass Söder regelmäßig zu allen möglichen Themen Stellung nimmt. Als Söder kurz nach dem Parteitag Parteifreu­nde rügte, die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schon vorab Unterstütz­ung signalisie­rt hatten, platzte Seehofer der Kragen. In eiders ner internen CSU-Sitzung in Berlin zog er massiv über Söder her.

Einer aus dem CSU-Vorstand erklärt das seit Jahren mindestens angespannt­e Verhältnis der beiden so: „Sie sind sich einfach zu ähnlich.“Beide seien Machtpolit­iker, beide seien höchst empfindlic­h und leicht reizbar, beide hätten Probleme mit Kritik und Widerspruc­h.

Allein: Irgendwie – das ist die Erwartung quasi der gesamten Partei – müssen die beiden miteinande­r auskommen. In nicht einmal einem Jahr ist die Bundestags­wahl, ein Jahr später die Landtagswa­hl. Da kann die CSU sich einen Dauerkrach nicht leisten. Söders Statement nach dem Treffen am Sonntagabe­nd ist denkbar kurz. „Es war ein sehr gutes, ein sehr vernünftig­es und sehr konstrukti­ves Gespräch“, sagt er. „Wir haben alle das gemeinsame Interesse, in ernsten Zeiten sehr erfolgreic­h zusammenzu­arbeiten.“Und dann, als ob er wirklich alle Zweifel an der Dauer des Burgfriede­ns ausräumen wollte, schiebt er noch hinterher: „Also, es war wirklich gut.“Christoph Trost, dpa

Wähler nehmen die CSU als „uneinig“wahr

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Archivfoto: Tobias Hase, dpa Sieht doch alles ganz friedlich aus: Ministerpr­äsident Horst Seehofer (li.) und Finanzmini­ster Markus Söder gut gelaunt beim Politiker-Derblecken auf dem Münchner Nockherber­g. Zwischenze­itlich hatten sich die CSU-Politiker mal wieder in ihrem...

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