Augsburger Allgemeine (Land West)
Friede sei mit euch!
Eine Weisheit, die über den Weißwurstäquator hinaus Gültigkeit hat, besagt: Es gibt im politischen Leben eine unwidersprochene Steigerungsformel. Sie lautet: Feind, Todfeind, Parteifreund. Das ist bei der SPD nicht anders als bei den Grünen, bei der FDP oder bei den Populisten. Ganz besonders ausgeprägt ist dieser Superlativ in der CSU. Da lächeln sich die Alphatiere Söder und Seehofer seit Monaten mit einer Freundlichkeit an, dass auch an warmen Sommertagen das Weißbier gefriert.
Wie alles in der CSU haben solche speziellen Männerfreundschaften eine lange Tradition (siehe Stoiber und Waigel). Wenn man Parteiexperten glauben mag, gehören sie gar zum urbayerischen Kulturgut. Das trifft aber nur auf wahlfreie Jahre zu. Darum wächst die Unruhe in der CSU angesichts der jüngsten Umfrageergebnisse, vor allem in der Fraktion. Deren Mitglieder wissen aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass man gefrorenes Weißbier nicht trinken und mit verfeindeten Parteispitzen keine Wahlen gewinnen kann. Darum also haben sich die Alphatiere gestern ausgesprochen.
Söder bereitete den Weg bereits, indem er ankündigte, „bräver“sein zu wollen. Den kleinen Fehler im Komparativ verzeiht man, weil man sich bei einem wie ihm bisher gar nicht vorstellen konnte, dass er zum Unwort „brav“eine Steigerungsform kennen könnte. Seehofer, der Juli-Krebs, der auf andere Machtmänner so allergisch reagiert wie ein Pescetarier auf Hühnerfleisch, lud zum Friedensgipfel. Und klar: Am Ende waren die beiden wieder ziemlich beste Freunde.
Tja, eins können die Christsozialen: Sie haben einen todsicheren Instinkt dafür, wann Waffenstillstand zu schließen ist. Da werden dann die feindseligen verbalen Spitzen weggepackt, um in Wahljahren Einigkeit zu demonstrieren. In diesem Sinne: Friede sei mit euch!