Augsburger Allgemeine (Land West)

Wir haben beide ein großes Herz und Gerechtigk­eitssinn

-

wie er mitfühlt mit anderen. Das passt. Er ist nicht mehr in der Gefahr, eine Karikatur zu sein.

Aber die Kritik ging nicht so weit, dass Sie sich im Allgäu nicht mehr sehen lassen können? Oder andersheru­m: Trauen Sie sich noch heim?

Aber natürlich. Ich habe weder mit den Allgäuern noch die mit mir ein Problem. Die Filme sind dort auch nach wie vor sehr beliebt. Alles ist gut. Der letzte Fall selbst war halt vielleicht ein wenig schräg. Ich fand „Seegrund“sehr gut.

Knaup:

Kann das Unverständ­nis auch damit zusammenhä­ngen, dass viele Leute zuerst die Bücher gelesen und dann den Film gesehen haben?

In der Tat. Jeder stellt sich halt bei Literaturv­erfilmunge­n etwas anderes vor. Jeder hat einen eigenen Kluftinger im Kopf. Und dann kommt dazu: Filmisch 90 Minuten aus dem Roman herauszufi­ltern ist auch immer schwierig. Aber die erste Verfilmung wurde ja damals zum besten europäisch­en Fernsehspi­el gewählt. So schlecht kann das Niveau also nicht sein. Jetzt schauen wir uns

Knaup:

neuen Filme an und dann warten wir ab, was die Zuschauer dazu sagen werden.

Was meinen Sie, wie wird das Publikum urteilen?

Ich glaube, die Filme werden den Leuten gefallen, weil sie etwas Neues und Modernes haben und nicht nur die alten Idylle-Klischees bedienen. Der Kluftinger kommt diesmal bis nach Wien. Und es ist doch schön, dass es einen Kommissar gibt, der seine Fälle etwas eigenwilli­ger löst.

Knaup:

In „Herzblut“hat Kluftinger Yoga gemacht. Entspannen Sie sich privat auch mit solchen Übungen?

Nein, leider nicht. Da bin ich einfach zu träge dafür. Den Sonnengruß, den kann ich aber noch aus Jugendzeit­en. Den könnte ich Ihnen sogar „vorgrüßen“. Aber es wird mit zunehmende­m Alter immer schwierige­r mit der Gelenkigke­it. Eine Freundin von mir ist Yogalehrer­in. Die sagt mir immer: Herbert, du musst was tun, denn die Muskeln verkürzen sich! Und da wäre Dehnen

Knaup:

mit Yoga genau das Richtige. Aber jeden Morgen den Sonnengruß, auch wenn die Sonne gar nicht scheint: Das wäre auch Wahnsinn!

Sie sind im März 60 Jahre geworden, heute kein Alter mehr. Womit halten Sie sich fit?

Mit 60 macht man doch keinen Sport mehr. Nein, Spaß! Ich schwimme ganz gerne länger. Und ich laufe auch. Einmal die Woche muss ich so richtig durchschwi­tzen, damit ich das Gefühl habe, die Poren sind wieder durchgeput­zt.

Knaup:

Werden Sie auf der Straße bisweilen mit „Kluftinger“angesproch­en?

Die Leute wissen schon, dass ich der Kluftinger bin, und sie sprechen mich auch darauf an, obwohl ich in natura nicht unbedingt seine körperlich­e Fülle habe.

Knaup:

In der Folge „Herzblut“sehen Sie teilweise gotterbärm­lich krank aus. Das wirkt ziemlich echt. Wie haben Sie das hingekrieg­t?

Ich versuchte nur, diese Panik vor einem Herzinfark­t nachzuempd­ie

Knaup:

finden, die Angst, die der Kluftinger hat und in seiner Not denkt: Jetzt geht es dem Ende zu!

Was ist denn für Sie das Reizvolle an der Rolle?

Na ja, es ist schön, dass ich in meinem eigenen Heimatdial­ekt sprechen kann, der so viele Aspekte hat. Kluftinger ist auch deswegen eine interessan­te Figur, weil er mit seinen eigenen Unzulängli­chkeiten umgehen und die stark machen muss. Das ist für einen Schauspiel­er ein gefundenes Fressen. Die Bräsigkeit der älteren Generation, das Konservati­ve am Kluftinger, der aber auch bereit ist, sich auf die heutige Zeit zuzubewege­n. Das macht schon Spaß.

Knaup:

Gibt es denn Parallelen zwischen Knaup und Kluftinger?

Ich gehe, glaube ich, etwas offener auf die Menschen zu als Kluftinger. Er ist eher ein Einigler, der sich schützt. Ich bin eher das Gegenteil, halte mich auch für vorurteils­loser. Aber im Grundkern, so hoffe ich, haben wir beide ein großes Herz und einen Gerechtigk­eitssinn.

Knaup:

Newspapers in German

Newspapers from Germany