Augsburger Allgemeine (Land West)
Gesetzte Herren, höllenlaut: Metallica!
Rock Nach acht Jahren Pause legt die größte Metal-Band der Welt mit einem Doppelalbum nach
Auch wenn sie zuletzt als Werbeträger in feinen Anzügen eines luxuriösen italienischen Herrenausstatters zu sehen waren: Es ist nicht so, dass es um diese Band je leise geworden wäre. Seit 35 Jahren gibt es Metallica jetzt – und selbst wenn vor dem am Freitag erschienenen „Hardwired… To Self-Destruct“ihr letztes Album „Death Magnetic“für das Musikgeschäft lange acht Jahre zurückgelegen hat, so haben die amerikanischen Superstars die Welt trotzdem immer wieder mit ihren Metal-Gewittern durchzogen.
Auf drei Tourneen haben sie in dieser Zeit in Bayern Station gemacht und jedes Mal mit einem völlig anderen Programm für Verzückung gesorgt: mal mit dem kompletten Set aus dem Kult-Album der Anfangsjahre zu dessen Jubiläum, „Master Of Puppets“, eine Feier des Thrash Metal. Mal mit dem kompletten Set aus dem Kult-Album der mittleren Jahre zu dessen Jubiläum, „Metallica“, dem schwarzen Album, eine Feier des Hit gewordenen melodischen Rock. Mal mit einem Set aus unbekannten Stücken, B-Seiten, das zu einer Offenbarung wurde, weil sich zeigte, wie tief die Fan-Verehrung reicht, und dass es das tatsächlich gibt, was Sänger James Hetfield als einstmals dunkler Titan heute freundlich lächelnd in vollen Arenen beschwört: die „Metallica Family“. Als wäre das Ikea.
Ist es aber nicht. Obwohl Hetfield die Alkoholsucht überwunden hat, die Streitigkeiten mit dem CoBand-Chef, Schlagzeuger Lars Ulrich, beigelegt sind, und obwohl die Herren mit Mitte fünfzig nun privat ein ruhiges, harmonisches, ganz normales Familienleben führen. Trallala Ikea? Auf „Hardwired … To Self-Destruct“wütet und donnert die größte Metal-Band der Welt, wie sie es in ihrem dritten Leben eben tut.
Im ersten Leben die Thrash-Götter von „For Whom The Bell Tolls“und „Master…“und „One“, im zweiten die Hitparadenhelden von „Unforgiven“und „Enter Sandman“und „Nothing Else Matters“haben sie nach einer Schwächephase Ende der 90er wieder zu gnadenloser Härte zurückgefunden, seit sich zum Stamm-Dreier mit Hetfield, Ulrich und Gitarrist Kirk Hammett der Bassist Roberto Trujillo gesellt hat.
Nach acht Jahren Pause ist das neue Album ein Doppel geworden, 77 Minuten lang bei nur zwölf Songs, die sich mal wieder zu wild wechselnden Kanonaden auswachsen. Die Drums meist in atemberaubender Taktzahl, die Gitarren aber mitunter harmonischer gniedelnd, sodass hier zwischen den wütenden Monstern der Dunkelheit auch mal Melodien aufleuchten. Ein gutes Album, früh gipfelnd im Song „Atlas, Rise!“Aber woher noch die alte Wucht bei doch so geändertem Leben? Hetfield und Ulrich sagen, sie bräuchten das, weil seelische Düsternis ja nie ganz verschwindet und gemeinsam besser loszuwerden ist.
Natürlich, so singt Hetfield im starken „Moth Into Flame“, ist auch der Ruhm eine gefährliche Droge. Aber dieser Global Player der Seelenpein hat halt Konjunktur. Gerade weil die Herren auch schon gemeinsam durch die eine oder andere Hölle gegangen sind. Wie lange noch? So lange, sagt Ulrich, seine Knochen dieses Höllentempo mitmachen.