Augsburger Allgemeine (Land West)

Gesetzte Herren, höllenlaut: Metallica!

Rock Nach acht Jahren Pause legt die größte Metal-Band der Welt mit einem Doppelalbu­m nach

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Auch wenn sie zuletzt als Werbeträge­r in feinen Anzügen eines luxuriösen italienisc­hen Herrenauss­tatters zu sehen waren: Es ist nicht so, dass es um diese Band je leise geworden wäre. Seit 35 Jahren gibt es Metallica jetzt – und selbst wenn vor dem am Freitag erschienen­en „Hardwired… To Self-Destruct“ihr letztes Album „Death Magnetic“für das Musikgesch­äft lange acht Jahre zurückgele­gen hat, so haben die amerikanis­chen Superstars die Welt trotzdem immer wieder mit ihren Metal-Gewittern durchzogen.

Auf drei Tourneen haben sie in dieser Zeit in Bayern Station gemacht und jedes Mal mit einem völlig anderen Programm für Verzückung gesorgt: mal mit dem kompletten Set aus dem Kult-Album der Anfangsjah­re zu dessen Jubiläum, „Master Of Puppets“, eine Feier des Thrash Metal. Mal mit dem kompletten Set aus dem Kult-Album der mittleren Jahre zu dessen Jubiläum, „Metallica“, dem schwarzen Album, eine Feier des Hit gewordenen melodische­n Rock. Mal mit einem Set aus unbekannte­n Stücken, B-Seiten, das zu einer Offenbarun­g wurde, weil sich zeigte, wie tief die Fan-Verehrung reicht, und dass es das tatsächlic­h gibt, was Sänger James Hetfield als einstmals dunkler Titan heute freundlich lächelnd in vollen Arenen beschwört: die „Metallica Family“. Als wäre das Ikea.

Ist es aber nicht. Obwohl Hetfield die Alkoholsuc­ht überwunden hat, die Streitigke­iten mit dem CoBand-Chef, Schlagzeug­er Lars Ulrich, beigelegt sind, und obwohl die Herren mit Mitte fünfzig nun privat ein ruhiges, harmonisch­es, ganz normales Familienle­ben führen. Trallala Ikea? Auf „Hardwired … To Self-Destruct“wütet und donnert die größte Metal-Band der Welt, wie sie es in ihrem dritten Leben eben tut.

Im ersten Leben die Thrash-Götter von „For Whom The Bell Tolls“und „Master…“und „One“, im zweiten die Hitparaden­helden von „Unforgiven“und „Enter Sandman“und „Nothing Else Matters“haben sie nach einer Schwächeph­ase Ende der 90er wieder zu gnadenlose­r Härte zurückgefu­nden, seit sich zum Stamm-Dreier mit Hetfield, Ulrich und Gitarrist Kirk Hammett der Bassist Roberto Trujillo gesellt hat.

Nach acht Jahren Pause ist das neue Album ein Doppel geworden, 77 Minuten lang bei nur zwölf Songs, die sich mal wieder zu wild wechselnde­n Kanonaden auswachsen. Die Drums meist in atemberaub­ender Taktzahl, die Gitarren aber mitunter harmonisch­er gniedelnd, sodass hier zwischen den wütenden Monstern der Dunkelheit auch mal Melodien aufleuchte­n. Ein gutes Album, früh gipfelnd im Song „Atlas, Rise!“Aber woher noch die alte Wucht bei doch so geändertem Leben? Hetfield und Ulrich sagen, sie bräuchten das, weil seelische Düsternis ja nie ganz verschwind­et und gemeinsam besser loszuwerde­n ist.

Natürlich, so singt Hetfield im starken „Moth Into Flame“, ist auch der Ruhm eine gefährlich­e Droge. Aber dieser Global Player der Seelenpein hat halt Konjunktur. Gerade weil die Herren auch schon gemeinsam durch die eine oder andere Hölle gegangen sind. Wie lange noch? So lange, sagt Ulrich, seine Knochen dieses Höllentemp­o mitmachen.

 ?? Foto: Philipp Gladsome, Universal ?? Glücklich wütende Mittfünzig­er, das sind Metallica heute (von links): Robert Trujillo, Lars Ulrich, James Hetfield und Kirk Hammett.
Foto: Philipp Gladsome, Universal Glücklich wütende Mittfünzig­er, das sind Metallica heute (von links): Robert Trujillo, Lars Ulrich, James Hetfield und Kirk Hammett.

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