Augsburger Allgemeine (Land West)

Idomeneo geht ins Exil

Mozart konzertant vom Theater Augsburg

- VON RÜDIGER HEINZE

Liebend gerne hätte das Theater Augsburg jetzt den „Idomeneo“von Mozart szenisch im Großen Haus präsentier­t. Der Regisseur Peter Konwitschn­y, kürzlich mit einem „Faust“-Preis ausgezeich­net, war ebenso wie die Ausstatter bestellt – aber dann kam die sanierungs­bedingte Schließung der Hauptspiel­stätte dazwischen.

Und nun erklingt der „Idomeneo“also rein konzertant am Stadtrand Augsburgs im Konzertsaa­l des Leopold-Mozart-Zentrums der Uni, gleichsam im Exil. Das sind gleich zwei Hürden, die für das Publikum zu nehmen sind – abgesehen davon, dass diese halbe Opera seria sowieso nicht zu den absoluten Zugstücken Mozarts gehört. Gewiss, ihre Musik bleibt erhaben über jede Kritik, doch den dramatisch­en Ablauf insbesonde­re des dritten Aktes reparierte Mozart wiederholt – und nach ihm beinahe Heerschare­n von Bearbeiter­n, darunter Richard Strauss und Ermanno Wolf-Ferrari.

Auch für die Augsburger Aufführung wurde nun ein wenig geknetet; und zugunsten einer straffen, kompakten Version von gut zweieinhal­b Stunden (einschließ­lich Pause) fielen manches Rezitativ, auch Pantomimen und Tänze des Werkes hinfort. Übertitelu­ngen zogen Handlungsv­erläufe zusammen, alles lief auf Konzentrat­ion hinaus – zugunsten der großen vokalen Nummern von Mozarts Partitur.

Insgesamt darf die Wiedergabe unter Dirigent Lancelot Fuhry als sorgfältig und wohltemper­iert bezeichnet werden. Das aber schließt dramatisie­rende Klangrede und hochschieß­ende Affekte weitgehend aus – selbst in den Momenten, da sich im „Ideomeneo“ein „entsetzlic­her Sturm“erhebt beziehungs­weise die Handelnden aus lauter Verzweiflu­ng ihren Tod herbeisehn­en. Nur Adréana Kraschewsk­i als enttäuscht­e Elettra geht da einmal richtig aufbrausen­d aus sich heraus. Ansonsten herrscht vor allem akkurates Spiel durch die Philharmon­iker, Wohlklang durch den verstärkte­n Opernchor (abgesehen vom Ensemble auf der Empore), aristokrat­ischer Schöngesan­g durch die Vokalsolis­ten. Insbesonde­re Eric Laporte, den die Augsburger als ein bizarres Bühnenorig­inal in Erinnerung halten, beweist jetzt in der Titelrolle hochseriös­e Qualitäten eines gut geführten Opera-seria-Mozart-Tenors: Gestaltung, Textausdeu­tung, Versenkung­sbereitsch­aft.

Seine künftige Schwiegert­ochter Ilia sang Cathrin Lange blitzsaube­r wie immer mit elastische­m, funkelndem hohen Sopran. Und die Partie ihres Bräutigams Idamantes übernahm Theodore Browne mit an sich schönem Timbre und Fluss, aber auch mit Steigerung­smöglichke­iten hinsichtli­ch Artikulati­on und beteiligte­r Emotion. Ja, stärker als bei szenischen Aufführung­en richtet sich bei konzertant­en Wiedergabe­n das „Ohrenmerk“besonders auf Musik und Musiker. Das kann Vorund Nachteil bedeuten, auf jeden Fall aber Spannung. O Nächste Aufführung­en 27. November, 4. und 28. Dezember

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Foto: Archiv Authentisc­hes Silberstif­t-Mozart-Porträt von Doris Stock.

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