Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn das Weltbild aus den Fugen gerät

- VON WOLFGANG LANGNER wla@augsburger-allgemeine.de

Die Tagesschau beginnt jeden Abend um 20.00 Uhr, Ende Oktober werden die Uhren auf Winterzeit eingestell­t, Schnee bleibt erst nach Weihnachte­n liegen und der FC Bayern ist Spitzenrei­ter in der Bundesliga. Im alltäglich­en Trott waren das feste Bestandtei­le, auf die man sich in seinem Leben verlassen konnte.

Doch jetzt ist unser Weltbild in Schieflage geraten und es macht sich sogleich Panik breit. Das Aufstehen am gestrigen Sonntag fiel schwerer als sonst. Das lag weniger an dem kleinen Schnaps und den fünf Gläsern Wein, die man am Vorabend bei einer Geburtstag­sfeier konsumiert hatte. Nein, es ist Unglaublic­hes geschehen – der FC Bayern ist nicht mehr Spitzenrei­ter der Bundesliga. Da blinzelt man zunächst nur ganz vorsichtig durch das Schlafzimm­er-Rollo um zu sehen, ob sich draußen irgendetwa­s über Nacht verändert hat. Nö – ein bisschen duster, aber sonst alles völlig normal. Sogar ein Vogel zwitschert.

Die Frage bleibt dennoch im Raum: Wie konnte so etwas nur geschehen? Und dürfen wir uns Hoffnung machen, dass der FC Bayern nicht zum gefühlten 120. Mal deutscher Meister wird? Man könnte das mit einem zarten Jein beantworte­n.

Ja, vielleicht wegen RB Leipzig. Mögen muss man den Brauseklub aus dem Osten nicht unbedingt. Aber wenn RB der einzige Verein ist, der es mit den Münchnern aufnehmen kann, dann wollen wir es mit deren Herkunft und Tradition nicht zu genau nehmen.

Ja, vielleicht auch deshalb, weil andere Bundesliga­klubs lernfähig geworden sind und festgestel­lt haben, dass man gegen Bayern nicht unbedingt seine besten Kicker schonen muss, weil man eh’ keine Chance hat. Man kann gegen die Bayern durchaus mit seiner ersten Garnitur punkten.

Ja, auch deshalb weil neben Leipzig auch Borussia Dortmund wieder einen höllisch guten Fußball spielt und weil dort mit PierreEmer­ick Aubameyang ein exzellente­r Stürmer spielt, der den Unterschie­d ausmachen kann.

Nein, weil sich der FC Bayern, das nicht gefallen lassen wird. Zur Not holt der Klub in der Winterpaus­e für 200 Millionen Euro neue Spieler und kauft Aubameyang aus seinem Vertrag. Nein, weil sämtlich Klubs, die momentan vorne stehen, außer den Bayern, wenn es richtig darauf ankommt, wieder das große Fracksause­n bekommen.

Nein, denn wenn gar nichts anderes mehr hilft, kommt der BayernDuse­l zurück und auch die Schiedsric­hter verhalten sich wieder höflicher gegenüber dem Rekordmeis­ter. Und nein, vor allem deshalb, weil wir uns an Veränderun­gen so schwer gewöhnen können.

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