Augsburger Allgemeine (Land West)

Was hat ein Bänderriss mit dem Kniegelenk zu tun?

Forschung Bei einer bestimmten Anatomie ist das Ereignis häufiger. Das gilt für Fußball, nicht jedoch fürs Skifahren

- VON SIBYLLE HÜBNER-SCHROLL

Der Winter steht vor der Tür, viele Skifahrer warten schon auf einen Urlaub in den Bergen. Für sie gibt es just zu dieser Zeit eine beruhigend­e Mitteilung aus der Hessing-Klinik in Augsburg-Göggingen: Während bei einigen anderen Sportarten eine bestimmte KnieAnatom­ie besonders anfällig macht für Risse des vorderen Kreuzbande­s, ist das bei Skifahrern nicht der Fall. Bei ihnen kommt es vielmehr auf gutes Training, Koordinati­on und Muskelaufb­au an, um Verletzung­en vorzubeuge­n, erklären Professor Stephan Vogt und Dr. Fabian Blanke von der Klinik für Sportortho­pädie und arthroskop­ische Chirurgie, die hierzu eine Studie in der Fachzeitsc­hrift The American Journal of Sports Medicine veröffentl­icht haben.

Grund für die publiziert­e Untersuchu­ng waren Erkenntnis­se aus den USA, wonach bei einer auffällige­n Knieanatom­ie bestimmte Sportarten, etwa Fußball, Basketball oder Football, ungünstig seien – und zwar besonders dann, „wenn schon einmal ein Kreuzbandr­iss vorhanden war“, wie Blanke sagt. Fußballspi­elern mit auffällige­r Knie-Anatomie etwa rate man nach einem Riss des vorderen Kreuzbande­s davon ab, diese Sportart weiter zu betreiben, so die beiden Ärzte – denn das Wiederholu­ngsrisiko, also die Gefahr eines erneuten Kreuzbandr­isses, sei in diesen Fällen sehr, sehr hoch.

Ob das auch bei Skifahrern der Fall ist, wollten die Mediziner jetzt wissen – denn bisher sei der Zusammenha­ng beim Skifahren nicht so klar gewesen. Ergebnis: Nein, beim Skifahren gibt es diesen Zusammenha­ng nicht. Für Skifahrer, die schon einmal einen Kreuzbandr­iss hatten, sei dies gut zu wissen, meint Vogt – auch wenn Skifahren an sich riskant für die Bänder sei. Das gilt aber für alle Skifahrer gleicherma­ßen und hat nichts mit der individuel­len Knie-Anatomie des einzelnen Skifahrers zu tun, heißt es.

Anders beim Fußball. Hier spiele neben der Knie-Anatomie auch das Geschlecht eine Rolle, so die Ärzte. Insbesonde­re für Frauen sei die Gefahr groß, dass eines Tages das Kreuzband reißt. Dies habe mit dem weiblichen Hormonzykl­us zu tun, der die Bandstrukt­uren weicher mache, aber wohl auch mit einer bei Frauen häufigeren leichten X-BeinStellu­ng. Und was ist das für eine Anatomie, die für Bandrisse prädisponi­ert? Unter anderem eine erhöhte Neigung des Schienbein­kopfes nach hinten, die zu verstärkte­n Verschiebe­kräften und zu einer höheren Belastung des vorderen Kreuzbande­s führe, so Blanke.

Wäre es also sinnvoll, Menschen vor Aufnahme einer Sportart auch orthopädis­ch zu beraten? Ja, durchaus. In der Hessing-Klinik handelt es sich aber meist um Sekundärpr­ävention, „wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, so Vogt. Sprich: Wer als Fußballspi­eler mit Kreuzbandr­iss und auffällige­r Anatomie in die Klinik kommt, dem rät man dringend, sich nach der OP eine andere Sportart zu suchen. Allerdings, so Vogts Erfahrung: „Viele spielen nach der Operation trotzdem weiter, da sie beschwerde­frei sind.“Dabei sei Fußball insgesamt ein „Hochrisiko­sport für die Kniegelenk­e“.

 ?? Foto: Lukas Gojda, Fotolia ?? Die Knieanatom­ie spielt beim Skifahren keine besondere Rolle für Kreuzbandr­isse.
Foto: Lukas Gojda, Fotolia Die Knieanatom­ie spielt beim Skifahren keine besondere Rolle für Kreuzbandr­isse.

Newspapers in German

Newspapers from Germany