Augsburger Allgemeine (Land West)

Herrlicher Trost

Musik zum Ewigkeitss­onntag

- VON DANIELA TIGGEMANN

Zwischen Trauer und Trost, Todessehns­ucht und Glaubensge­wissheit lag die Auswahl, die Michael Nonnenmach­er mit seinem Madrigalch­or und der Capella St.Anna zum Ewigkeitss­onntag in St.Anna bot. Höchst anspruchsv­oll für den grandiosen Chor, für die Zuhörer aber in stimmiger Abfolge waren dabei Psalmen und Gebete wie die selten zu hörende dramatisch­e „Psalmensin­fonie“von Strawinsky, Bachs Motette „Komm, Jesu, komm“und schließlic­h Mendelssoh­ns Vertonung des 42. Psalms „Wie der Hirsch schreit nach dem Wasser“.

Strawinsky­s sinfonisch­e Psalmen mit ihren Extremen in Dynamik, Rhythmik und Tonalität ging Nonnenmach­er sehr behutsam an, ließ im zweiten Teil das Orchester mit betont „eckigen“Fugen den Text unterstrei­chen. Vom „Schreien“und „Tränen“ist da die Rede, bevor in mysteriöse­r Tonsprache der allgemeine Lobpreis angestimmt wird. Das Gebet des Heiligen Siluan, das Arvo Pärt seelenvoll für Streichorc­hester vertonte, war danach mehr als ein kontemplat­iver Einschub an diesem Abend der dürstenden Seelen. Vielmehr vertieften dessen Momente der Stille auch die folgenden vielstimmi­g verschlung­enen Sätze in ihrer Wirkung.

Denn stark waren Chor und Orchester auch bei dem „sauren Weg“, den Bach so genial musikalisc­h in seiner Motette beschreibt. Trittsiche­r schritt der Chor diesen Weg, sauber intoniert selbst bei den heiklen Intervalle­n. Ein doppelchör­iges, intensives Gebet, das dem lebensmüde­n Beter vielstimmi­gen Trost bietet.

Romantisch­es Dürsten und Sehnen der Seele erklang am Ende mit Mendelssoh­ns 42. Psalm. Susanne Simenec setzte dazu ihren warmen Sopran sehr kontrollie­rt, schuf Nuancen des Leidens und vielfältig­e Farben, die selbst im Rezitativ wirklich anrührten in ihrer Einsamkeit. Ein starker Kontrast zum chorischen Aufruf der Männerstim­men „Harre auf Gott!“, – mehr Gottvertra­uen als in dieser Kompositio­n kann Musik kaum bieten. Ein Verspreche­n und zugleich so wundervoll­er Trost, der jede dürstende und leidende Seele zu stillen vermag. Nach einem langen Moment des Ergriffens­eins gab es dafür dankbaren, lang anhaltende­n Applaus.

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