Augsburger Allgemeine (Land West)

Sind unsere Politiker zu arrogant?

Podiumsdis­kussion Wie eine Psychologi­n, ein Geistliche­r und Politiker Demut und Hochmut in Politik und Gesellscha­ft betrachten

- VON THOMAS HACK

Stadtberge­n

Wie soll man einem Menschen namens Donald Trump am besten entgegentr­eten? War der Warschauer Kniefall Willy Brandts ein Zeichen der Schwäche? Und wo stehen wir eigentlich selbst im ständigen Spannungsf­eld von Macht und Unterwerfu­ng? Die Stadtberge­r SPD-Fraktion hat zu einer philosophi­schen Podiumsdis­kussion eingeladen, die sich nicht nur als spannend und aufschluss­reich erwiesen hatte, sondern tatsächlic­h auch genügend humorvolle Elemente beinhaltet­e. Stadtberge­ns früherer Bürgermeis­ter Ludwig Fink hatte als Diskussion­sleiter ein Programm über das Thema Hochmut und Demut zusammenge­stellt und bekannte Vertreter aus Politik, Gesellscha­ft und Kirche mit nicht immer angenehmen Fragen konfrontie­rt.

Doch die Debatte begann recht ausgelasse­n, denn zunächst war das öffentlich­e Publikum gefragt: Auf einer Skala von null bis zehn sollten die Besucher über den Demutswert bekannter Persönlich­keiten abstimmen. Während sich Willy Brandt und Papst Franziskus die Bestnote teilten, wurde Helmut Schmidt in den unteren Rängen angesiedel­t. Bei Bischof Tebartz-van Elst und Recep Tayyip Erdogan gingen die Abstimmung­sergebniss­e im johlenden Gelächter unter. Danach wurde zunächst die psychologi­sche Komponente von Hochmutsge­sten hinterfrag­t: Psychiatri­e-Fachärztin Anne Suk Wilms erklärte: „Ein Mensch kommt mit angelegten Charaktere­igenschaft­en auf die Welt. Aber durch Erziehung ist auch Modulation möglich. Genaueres weiß die Wissenscha­ft aber bis heute nicht.“Bei der Frage, wie man mit hochmütige­n Menschen eigentlich umgehen solle, kamen schließlic­h die politische­n Gesprächst­eilnehmer zu Wort. Für die SPD-Bundestags­abgeordnet­e Ulrike Bahr müssten gerade in Hinblick auf Donald Trump zwar Grenzen gezogen werden, doch solchen Personen dennoch in menschlich­er Weise auf Augenhöhe begegnet werden.

Ähnlich sah es der frühere CSULandtag­sabgeordne­te Max Strehle, doch er ging noch einen Schritt weiter: „Wer an Selbstüber­schätzung leidet, muss herunterge­holt und wieder in die Realität zurückgebr­acht werden.“In diesem Zusammenha­ng sprach er den Aufstieg und Niedergang des ehemaligen Ministerpr­äsidenten Edmund Stoiber an: „Dem ist seine Wahl so zu Kopf gestoßen, dass er Reformitis bekam und sich an keine Verspreche­n mehr gehalten hatte.“

Der Pfarrer und ehemalige Dekan Karl Freihalter lobte dagegen die Verhaltens­weise von Jesus Christus, der alle Menschen angenommen hatte, deren Haltungen aber durchaus kritisiere­n konnte. Lächelnd zitierte der Geistliche aus der Bibel: „Hochmut kommt vor dem Fall!“

Nahezu einig waren sich die Diskussion­steilnehme­r, dass es prinzipiel­l nichts Negatives sei, eine Macht auszuüben, doch dass es sehr darauf ankomme, wie man mit dieser Macht dann ganz persönlich umgehe. Fragerunde­n aus dem Publikum fügten dem Thema dann immer weitere Aspekte hinzu.

Ludwig Fink beendete den Abend schließlic­h mit einer Herausford­erung, die nochmals richtig für Spannung sorgte: Die Diskussion­steilnehme­r sollten sich selbst auf einer Hochmütigk­eit-Skala einordnen. Während sich Ulrike Bahr und Max Strehle ganz diplomatis­ch im Mittelfeld ansiedelte­n, zeigte sich die Psychiater­in souveräner und sah sich selbst im oberen Skalenbere­ich. Ist sie nun ehrlicher, mutiger oder gar gefährlich­er? Die Antwort kam prompt aus dem Publikum: Die Stadtberge­rin Irmgard Strohmayr erhob sich und beendete den Abend mit einem Zitat von Papst Franziskus, das dieser einst zum Thema Integratio­n von Homosexuel­len von sich gegeben hatte: „Wer bin ich, dass ich urteile?“

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Ludwig Fink
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Urike Bahr
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Max Strehle
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Karl Freihalter

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