Augsburger Allgemeine (Land West)
Deutschlands Fernsehen ist ausgezeichnet
Preisverleihung Bei den Emmy-Verleihungen in New York gewinnen gleich drei deutsche Produktionen. Das gibt Rückenwind
New York
Am Ende kann Christiane Paul sich die Glückstränen nicht mehr verkneifen. Die große Bühne im Ballsaal des New Yorker Hilton Hotel hat die 42-Jährige verlassen und posiert für Fotografen. Sie hält eine goldene Trophäe in die Höhe, die vielleicht begehrteste der gesamten TV-Branche – den Emmy. Nach Worten muss sie erst suchen. „Es ist der Hammer“, sagt Paul. „Das ist das Größte, was mir bis jetzt in meinem Leben passiert ist.“
Die gebürtige Berlinerin hat den Preis für den WDR- Film „Unterm Radar“bekommen. Der Thriller erzählt die Geschichte einer Mutter (Christiane Paul), von Beruf Richterin, die nicht glauben kann, dass ihre Tochter in einen terroristischen Anschlag verwickelt ist. Dass Paul und zwei deutsche Produktionen – die RTL- Serie „Deutschland 83“ und der Dokumentarfilm „Krieg der Lügen“– den International Emmy bekommen, gibt an diesem Abend nicht nur den Gewinnern Rückenwind. „Ich glaube, dass sich das Deutschlandbild komplett verändert hat, sich komplett gedreht hat“, sagt Jörg Winger, der „Deutschland 83“produziert hat. Darin geht es um einen zum StasiSpion gewordenen ostdeutschen Soldaten (gespielt von Jonas Nay).
Denn auch wenn sich die Branche wandelt: Viele deutsche TV-Macher blicken bis heute jenseits des Atlantiks, um sich die einen oder anderen Tricks und Kniffe abzugucken. Man habe versucht, „von den besten Fernsehnationen zu lernen“, sagt Winger und erzählt vom Überschwang, der heute an der Ostund Westküste bei Gesprächen über Deutschland herrsche.
Nur 30 Sekunden haben die Gewinner, um auf der Bühne Dankesworte zu sprechen. „Krieg der Lügen“-Regisseur Matthias Bittner ruft im Siegestaumel nur noch ein langes „Aaawesooome!“ins Mikrofon – „Spiiitzeee!“Als er und sein Team die Arbeit am Dokumentar- film um die Vorgeschichte zum Irak-Krieg 2003 vor mehr als fünf Jahren begannen, hätten sie sich diese Krönung sicher nicht erträumt.
Der auf Festivals gefeierte Film war als Abschlusswerk an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg entstanden.
Auch wenn es für Florian Stetter, der als bester Hauptdarsteller in der ARD- Serie „Nackt unter Wölfen“nominiert war und dann Dustin Hoffman unterlag, nicht reichte, hat dieser Abend dem deutschen Fernsehen einen Motivationsschub verpasst.