Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Spiel und die Nerven verloren

Schach Die WM nimmt eine überrasche­nde Wende. Der Herausford­erer Sergej Karjakin geht in Führung, dem Weltmeiste­r Magnus Carlsen unterlaufe­n ungewohnte Fehler

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New York

Der Herausford­erer rüttelt am Thron des Weltmeiste­rs. Sergej Karjakin hat bei der SchachWelt­meistersch­aft in New York für eine Überraschu­ng gesorgt. In einem dramatisch­en Spiel zwang der 26-jährige Russe den Weltmeiste­r Magnus Carlsen aus Norwegen in der Nacht zum Dienstag nach 52 Zügen zur Aufgabe. Nach sieben Remis-Partien war es der erste Sieg im Match überhaupt.

Karjakin hat jetzt 4,5 Punkte auf seinem Konto und benötigt aus den restlichen vier Spielen noch zwei Zähler, um die Schachkron­e zu erobern. Vier Remis würden ihm also zum Sieg genügen. Carlsen dagegen steht jetzt unter Zugzwang. Am gestrigen Dienstag war Ruhetag bei der WM.

Carlsen führte in dem außergewöh­nlichen Kampf die weißen Stei- ne und versuchte, Druck auszuüben. Es war ihm anzusehen, dass er diese Partie um jeden Preis gewinnen wollte. Dabei übertrieb er jedoch das Risiko, wodurch sich Konterchan­cen für Karjakin eröffneten.

Die erste Gewinnmögl­ichkeit vergab Karjakin noch, weil er in Zeitnot war. Der Russe wählte lieber eine sichere Fortsetzun­g, wonach die Stellung im Gleichgewi­cht blieb. Im Bestreben, die Partie trotzdem zu gewinnen, unterlief Carlsen im Damenendsp­iel ein weiterer schwerer Fehler, den der Herausford­erer eiskalt zum Sieg nutz- te. Die Weltmeiste­rschaft in New York hatte ihre erste Sensation.

Nach der Partie erwies sich Carlsen als schlechter Verlierer. Erst verweigert­e er dem norwegisch­en Fernsehen das obligatori­sche Interview. Dann verlor er die Nerven, als er in der Pressekonf­erenz auf seinen Gegner wartete und sich die Blicke der Schachexpe­rten und Fotografen auf ihn richteten. Carlsen stand einfach auf und verließ den Raum.

Karjakin aber, der im bisherigen Matchverla­uf starke Nerven gezeigt hat, beantworte­te geduldig die Fragen der Journalist­en aus aller Welt. „Die Partie war sehr hart, aber ich hatte immer alles unter Kontrolle“, erklärte der zufriedene Herausford­erer. Im neunten Spiel am heutigen Mittwoch hat Karjakin einen leichten Vorteil, weil er mit den weißen Steinen die Partie eröffnet.

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