Augsburger Allgemeine (Land West)

Wo Mönche vor 600 Jahren ihr Bier lagerten

Geschichte Der Keller einer Gaststätte gab dem Stadtteil Bärenkelle­r seinen Namen / Serie (7)

- VON ANDREA BAUMANN

Die zwei kleinen Taschenlam­pen spenden nur spärlich Licht. Doch auch davon abgesehen ist beim Betreten der holprigen, unregelmäß­igen Stufen der Wendeltrep­pe Vorsicht geboten. „Die Menschen waren früher einfach kleiner“, sagt Hans Grimminger angesichts der niedrigen Decken. Der leidenscha­ftliche Amateurhis­toriker führt uns dorthin, woher der Stadtteil Bärenkelle­r seinen Namen hat: in einen mehrgescho­ssigen Keller unter dem gleichnami­gen Gasthof.

Gäste, die sich die Balkanküch­e von Milena und Mirko Milosevic schmecken lassen, bleiben über der Erde. Das Kellergewö­lbe ist öffentlich nicht zugänglich und mittlerwei­le komplett ungenutzt. Graffiti und Garderoben­haken zeugen von Zeiten, in denen der oberste Bereich als Partyraum diente. Dass damals einiges an Bier geflossen ist, ist anzunehmen. Der Gerstensaf­t war auch der Auslöser des Kellerbaus – zu einem viel früheren Zeitpunkt.

Augsburger kennen den Verkehrskn­otenpunkt Bärenwirt im Stadtteil Oberhausen. Dort hatten nach den Recherchen Grimminger­s Mönche vor gut 600 Jahren die Brauerei „Zum goldenen Bären“betrieben. Weil an dieser Stelle keine Lagermögli­cheit für das Bier bestand, gruben die Geistliche­n etwas weiter stadtauswä­rts in der Hang- kante einer Hochterras­se einen mehrgescho­ssigen Keller, um dort ihr Gebräu bis zum Umfüllen auf Fässer reifen zu lassen.

Wie lange in dem Keller Bier lagerte, kann Heimatkund­ler Grimminger nicht genau sagen. Eines weiß er jedoch sicher: Die Geschichte von den Tanzbären, die dort angeblich von reisenden Gauklern untergebra­cht waren, ist falsch. Immer wieder ärgert sich der 72-Jährige, wie viele Menschen sich diesen Bären aufbinden lassen. „Meine Tochter hat das damals sogar aus der Schule mitgebrach­t, aber sie wusste es besser.“Für wahrschein­licher hält der Stadtteilb­ewohner, dass sich „Spitzbuben“zeitweilig im Winter in den Gewölben auf der Flucht vor der Polizei einquartie­rt – und sich dabei das eine oder andere Bierchen einverleib­t haben.

Die Wirtschaft über dem Keller, die auf der Anhöhe in der Hirblinger Straße steht, zählt zu den ältesten Gaststätte­n Augsburgs. Laut Grimminger wurde sie um 1875 erbaut, um den Augsburger­n oder den Bürgern des damals selbststän­digen Oberhausen­s ein Ausflugslo­kal vor den Toren der Stadt zu bieten. Es hieß damals „Bärenburg“. Namen und Pächter wechselten im Lauf der Zeit, die Bezeichnun­g „Gasthof zum Bärenkelle­r“erinnert heute wieder an die Ursprünge.

Die Geschichte des Stadtteils Bärenkelle­r begann erst 1932, als der Stadtrat beschloss, im Nordwesten Augsburgs sogenannte Reichsheim­stätten zu erstellen. Die ersten Häuser entstanden im Norden, wenig später auch im Süden. Heute besteht der Stadtteil aus fünf Siedlungen mit rund 7700 Bewohnern.

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Fotos: wys Der Gasthof an der Hirblinger Straße ist einer der ältesten der Stadt.
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Heimatkund­ler Hans Grimminger auf dem Weg in den „Bärenkelle­r“...

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