Augsburger Allgemeine (Land West)
Vergewaltiger in die Flucht geschlagen
Prozess Das Augsburger Landgericht muss versuchte Überfälle auf zwei Frauen klären: War es in Hamburg und in Königsbrunn tatsächlich derselbe Täter?
Mit Hamburg und Königsbrunn liegen die Tatorte, an denen 2013 und 2014 zwei Frauen überfallen wurden, gut 800 Kilometer auseinander. Und doch soll es ein und derselbe Mann gewesen sein, der mit großer Brutalität versucht hat, sie zu vergewaltigen. Beide Male war es den Frauen gelungen, dank heftiger Gegenwehr und glücklicher Umstände, den Täter in die Flucht zu schlagen. Vor dem Augsburger Landgericht hat gestern der Prozess gegen einen Lkw-Fahrer begonnen. Die Staatsanwaltschaft glaubt dem 46-Jährigen, der in der Türkei lebt und mit einer Deutschen verheiratet ist, die Überfälle anhand von DNA-Spuren nachweisen zu können. Als erstes Opfer sagte gestern Theresa O. aus. Sie hatte abends im Hamburger Stadtteil Finkenwerder gerade den Linienbus verlassen, als ein Sattelzug neben der 27-Jährigen hielt. Dem Fahrer war aufgefallen, dass sie und ihre Freundin nach etwas suchten. Es war das Handy der Krankenschwester. Der Mann holte eine Taschenlampe, man suchte zu dritt, vergeblich. Und während die Freundin in einem Bus weiterfuhr, ließ sich Theresa O. von dem LkwFahrer zu der Haltestelle fahren, wo sie in den Bus eingestiegen war. Dort, so vermutete sie, könnte sie ihr Handy verloren haben. Ein verhängnisvoller Entschluss: „Ich bin eingestiegen, vielleicht war ich zu leichtsinnig“, meinte die Zeugin vor Gericht. Denn kaum hatte sie im Führerhaus Platz genommen, ließ der Fahrer auf seinem Laptop einen Pornofilm laufen. „Mir war da klar, dass es nicht mehr um mein Handy ging.“Sie habe mehrmals gefordert anzuhalten. Vergeblich. Als der Lkw in einer Kurve langsamer fuhr, sprang sie mutig aus dem Fahrzeug.
Doch der Schrecken sollte für die Krankenschwester weitergehen: Denn der Fahrer stoppte, rannte ihr auf freiem Felde hinterher, holte sie ein und warf sich auf sie. Theresa O. wehrte sich verzweifelt, schrie laut um Hilfe. Die kräftige 27-Jährige traf mit Handkantenschlägen in den Nacken. Plötzlich habe der Mann von ihr abgelassen, aus der Handtasche ihren Geldbeutel genommen und ist mit seinem Lastwagen geflüchtet. Jedoch haben im Prozess gestern weder Theresa O. noch ihre Freundin den Angeklagten (Vertei- diger: Sven Gröbmüller) als den Fahrer wiedererkannt.
Für Donnerstag hat die 3. Strafkammer eine Frau aus Königsbrunn als Zeugin geladen. Sie war im April 2014 in ihrer Wohnung überfallen worden. Um Mitternacht hatte der Täter die gekippte Terrassentür aufgehebelt und sich auf die im Bett liegende Frau geworfen. Ihr gelang es, den Angreifer kampfunfähig zu schlagen – mit einer zufällig am Bett lehnenden Gitarre. Sie floh aus der Wohnung, wie kurz darauf auch der Täter. Der Angeklagte, mit internationalem Haftbefehl gesucht und in Bulgarien festgenommen, machte gestern dazu eine erstaunliche Aussage. Er gab an, die Frau zu kennen. Sie habe ihn bereitwillig in ihre Wohnung gelassen, wo man dann „freiwillig Liebe gemacht habe.“