Augsburger Allgemeine (Land West)

Drogengesc­häfte am Sonntag

Justiz Ein 20-Jähriger aus Neusäß soll mit knapp fünf Kilogramm Marihuana gehandelt haben. Er bestreitet dies

- VON MICHAEL LINDNER

Samstagnac­hmittag auf den Sportplatz gehen, Sonntagvor­mittag den Gottesdien­st besuchen oder am Abend die „Lindenstra­ße“im Fernsehen anschauen – viele Menschen haben eine feste Gewohnheit. So auch ein 20-jähriger Mann aus Neusäß, dessen Wochenendb­eschäftigu­ng ihn jetzt vor das Augsburger Jugendschö­ffengerich­t unter Vorsitz von Richter Günther Baumann gebracht hat.

Der gebürtige Berliner, der bei seiner Mutter lebt, soll laut Anklage wochenlang jeden Sonntag um 18 Uhr Drogen in größerem Stil gekauft haben. Staatsanwä­ltin Saskia Eberle wirft ihm vor, mit knapp fünf Kilogramm Marihuana gehandelt zu haben.

Zwischen Sommer 2015 und Juni dieses Jahres soll der Angeklagte mehrmals in die Wohnung eines Bekannten nach Königsbrun­n gefahren sein. Dieser sagte vor Gericht aus, dass er dem Angeklagte­n zunächst nur kleinere Mengen der Drogen für den Eigengebra­uch verkauft habe.

Das soll sich jedoch im November geändert haben, zwischen 150 und 300 Gramm Marihuana sollen bei jedem der zehn weiteren Treffen den Besitzer gewechselt haben. Der Zeuge, dessen eigenes Verfahren noch offen ist, spricht vor Gericht von insgesamt rund 2,5 Kilogramm. Der Verkaufspr­eis dafür sollen etwa 2500 Euro gewesen sein. Die Übergabe habe laut Zeugen immer in seiner eigenen Wohnung stattgefun­den. Während der Angeklagte im Wohnzimmer gewartet haben soll, sei ein inzwischen verurteilt­er Dealer in die Küche gekommen, der das Marihuana dem Königsbrun­ner Mittelsman­n übergeben habe. Bei der Weitergabe an den Angeklagte­n habe er selbst immer noch etwas draufgesch­lagen – zwischen ein und 1,70 Euro pro Gramm.

Der Angeklagte bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Mit klarer, aber leiser Stimme spricht er über seine Besuche in Königsbrun­n. Ja, er sei in der Wohnung gewesen, aber nein, solche Mengen Marihuana habe er nie gekauft. Der Kontakt zu dem Zeugen sei nur zustande gekommen, da er sein Smartphone an den Königsbrun­ner verkaufen wollte. Die beiden Männer hätten gemeinsam einen Joint geraucht, anschließe­nd habe er noch 3,5 Gramm Marihuana gekauft. Die 50 Euro dafür habe er eine Woche später in der Wohnung bezahlt. „Das war es aber auch. Mehr habe ich nie gekauft“, sagte der Angeklagte während der Verhandlun­g.

Warum ihn der Zeuge belaste, könne er sich nicht erklären. Ein Polizeibea­mter gab vor Gericht al- lerdings an, dass sich bislang jede Aussage des Königsbrun­ner Mittelsman­nes bei anderen Verfahren bestätigt haben. Außerdem habe es in dem Zimmer des Angeklagte­n bei der Durchsuchu­ng stark nach Marihuana gerochen.

Der 20-Jährige, der sich derzeit in Untersuchu­ngshaft befindet, soll laut Anklage aber nicht nur Drogen aus Königsbrun­n bezogen haben, sondern auch von einer Dealerin aus Augsburg. Um weitere 2,4 Kilogramm soll es sich dabei handeln. Da die Frau aber nur in Anwesenhei­t ihres Anwalts aussagen wollte, wurde die Verhandlun­g unterbroch­en.

In zwei Wochen geht der Prozess am Gericht in Augsburg weiter.

Deal in der Küche?

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