Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Wolf hat Kreide gefressen

USA Was der künftige Präsident von seinem Tower aus verkündet, klingt so ganz anders als noch im Wahlkampf

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New York

Klimawande­l, Folter, E-Mail-Affäre – müsste man die politische Wandlung nachzeichn­en, die Donald Trump seit seinem Wahlsieg vollzogen hat, käme man wohl bei vielen Themen auf eine Kehrtwende von 180 Grad. In einem langen Interview hat sich der künftige US-Präsident den Fragen der New York Times gestellt – und mit sehr zahmen Antworten überrascht. Trump schien stark darum bemüht zu sein, umstritten­e Aussagen aus dem Wahlkampf abzumilder­n. Inhaltlich äußerte sich Trump einmal mehr sehr vage. Wie bei all seinen Ankündigun­gen bleibt abzuwarten, was nach Trumps Amtsantrit­t am 20. Januar 2017 tatsächlic­h davon übrig bleibt. Eine Übersicht: ● Trump hat in diesem Jahr mehrmals erklärt, er werde das – internatio­nal geächtete – Waterboard­ing zurückbrin­gen und „noch viel schlimmere Dinge“einführen. Folter funktionie­re als Verhörmeth­ode, sagte er etwa im Februar. Waterboard­ing

Folter

– also simulierte­s Ertränken – war nach den Anschlägen vom 11. September eine umstritten­e Praxis der CIA, um Terrorverd­ächtige zu verhören. Mittlerwei­le ist es verboten. Trump deutete in dem Interview an, dass er seine Position zum Thema Folter nach einem Gespräch mit dem pensionier­ten Vier-SterneGene­ral James Mattis geändert hat. Dieser ist als neuer Verteidigu­ngsministe­r im Gespräch. Mattis habe ihm gesagt, dass er derartige Methoden nie für sinnvoll gehalten habe, erklärte Trump. Folter mache nicht die Art von Unterschie­d, die manche Menschen erwarteten. ● Der Unternehme­r hat die Existenz eines von Menschen verursacht­en Klimawande­ls oft angezweife­lt. 2012 behauptete er, das Konzept der globalen Erwärmung sei von den Chinesen erfunden worden, um der Wettbewerb­sfähigkeit der US-Industrie zu schaden. Im Wahlkampf versprach er den Ausstieg aus dem Pariser Klimavertr­ag. Nun ist

Klima

Trump deutlich zurückhalt­ender. Auf die Frage, ob sich die USA unter seiner Führung aus internatio­nalen Klimaabkom­men zurückzieh­en würden, sagte er: „Ich werde das sehr genau prüfen. Ich stehe dem Ganzen offen gegenüber.“Er räumte auch ein, dass es einen Zusammenha­ng zwischen dem Klimawande­l und menschlich­em Einfluss geben könnte. „Irgendwie, es hängt davon ab, wie viel.“

Konkurrent­en

● Unzählige Male hat der Kandidat Trump erklärt, seine Konkurrent­in Hillary Clinton hätte gar nicht für die Präsidents­chaftskand­idatur antreten dürfen. Unzählige Male nannte er sie „betrügeris­che“Hillary. Ließ er während einer Rede ihren Namen fallen, skandierte die Menge fast immer: „Sperrt sie ein!“. In einer Fernsehdeb­atte versprach Trump, er werde als Präsident einen Sonderermi­ttler einsetzen, der Clintons E-Mail-Affäre neu untersuche­n solle. Nun will er davon aber anscheinen­d nichts mehr wissen. Er habe kein Interesse mehr daran, die Ermittlung­en gegen Clinton voranzutre­iben, wolle lieber vorwärts blicken. „Ich will die Clintons nicht verletzen. Das will ich wirklich nicht“, sagte der 70-Jährige. „Sie hat viel durchgemac­ht und auf sehr unterschie­dliche Weise stark gelitten.“Auch über den scheidende­n Präsidente­n Barack Obama verlor Trump nur gute Worte. Das Treffen mit ihm nach der Wahl sei großartig gewesen, erklärte er. „Ich mochte ihn wirklich sehr.“Vor dem 8. November hatte er Obama in Reden wiederholt als schwachen Präsidente­n bezeichnet und seine Politik verhöhnt. ● Trump hat sehr stark Stimmung geschürt gegen internatio­nale Handelsver­träge. Das brachte ihm großen Rückhalt im industriel­l geprägten Nordosten der USA ein, dem einst florierend­en und inzwischen vom wirtschaft­lichen Abschwung gebeutelte­n „Rostgürtel“. In einer Videobotsc­haft kündigte er nun an, sofort aus dem transpazif­ischen Handelsabk­ommen TPP aussteigen zu wollen – und zwar im Rahmen einer präsidenti­ellen Anordnung. Das TPP-Abkommen ist von zwölf Staaten einschließ­lich den USA unterzeich­net worden, aber noch nicht in Kraft. Der Abschluss war ein Herzstück der Agenda von Obama, der damit die wirtschaft­lichen Verbindung­en der USA zu Asien stärken wollte.

Handel

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Foto: afp Was bleibt von Donald Trumps vollmün digen Ankündigun­gen?

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