Augsburger Allgemeine (Land West)
Fünf abgeschossene Waldrappe = 234 000 Euro
Naturschutz Die illegale Vogeljagd setzt dem vom Aussterben bedrohten Tier zu. Muss nun Italien vor Gericht?
Burghausen
Vor etwa 400 Jahren wurde der Waldrapp in Deutschland ausgerottet. Ein Zustand, mit dem sich der österreichische Biologe Johannes Fritz und sein Team nicht abfinden wollten. Intensiv betreiben sie seit etwa 15 Jahren Grundlagenforschung und verfolgen inzwischen das Ziel, den auch wegen seines langen Schnabels auffälligen, etwa gänsegroßen Vogel wieder in Europa anzusiedeln. Als größter Feind des Waldrapps erweist sich dabei der Mensch. Allein in diesem Herbst sind fünf Waldrappe bei der illegalen Vogeljagd in Italien abgeschossen worden. Zwei von ihnen überlebten. Wegen ihrer Verletzungen ist aber fraglich, ob sie wieder in die Wildpopulation integriert werden können. Die fünf Exemplare entsprechen fast 30 Prozent der Tiere, die von ihren Brutgebieten im oberbayerischen Burghausen (seit 2004), in Überlingen am Bodensee und in Kuchl südlich von Salzburg (Österreich) über die Alpen in die südliche Toskana fliegen, um dort zu überwintern. „Dies ist eine ernste Bedrohung für eine der am stärksten bedrohten Vogelarten der Welt“, sagt Projektmanager Fritz.
Aus Sicht der Waldrapp-Verantwortlichen geht der italienische Staat zu nachlässig mit Wilderern um. Daher gibt es Überlegungen, Italien zu verklagen. Schließlich werden in die Wiederansiedlungsbemühungen zwischen den Jahren 2014 und 2019 rund vier Millionen Euro gesteckt. Die Hälfte kommt von der Europäischen Union, die andere Hälfte von acht Partnern und weiteren Co-Finanzierern wie Umweltstiftungen. „Unserer Gemeinschaft entsteht da ein echter Schaden, der bezifferbar ist“, sagt der 49-jährige Fritz. Geschätzt beläuft er sich für die fünf Tiere auf 234 000 Euro. Hoffnung macht Johannes Fritz die – bislang einzige – Verurteilung eines Jägers in Livorno, der 2012 einen Waldrapp abgeschossen hatte. Seit wenigen Wochen steht fest, dass der Mann unter anderem 2000 Euro Geldstrafe zahlen muss.
Etwa 80 Waldrappe leben derzeit in Zentraleuropa. Um von einer nachhaltigen Wiederansiedlung sprechen zu können, müsste der Bestand „zwischen 400 und 500 Tieren liegen – wie in Marokko“, so Fritz.