Augsburger Allgemeine (Land West)
Eselchen führt zum Jesuskind
Die Weihnachtsgeschichte Die Augsburger Puppenkiste erzählt nahe an der Bibel, was mit Maria und Josef war. Wie das mit Augenzwinkern und witzigen Dialogen geschieht
Die New Yorker Met, die Mailänder Scala, der Londoner Covent Garden haben es vorgemacht. Warum sollte also nicht auch die Augsburger Puppenkiste ihre Aufführungen live ins Kino übertragen? Daraus wurde die Idee für einen einzigartigen Film geboren, der nun an den vier Adventssonntagen in Deutschland und Österreich in 302 Kinos kommt. Es geht darin um nichts weniger als um „Die Weihnachtsgeschichte“.
Anstelle einer Liveübertragung der Aufführung des legendären Marionettentheaters hat Produzent Fred Steinbach einen echten Kinofilm hergestellt. Richtig groß kommen die im Original etwa vierzig Zentimeter hohen Holzpuppen auf der Leinwand heraus. Die Kamera zoomt immer wieder an ihre Gesichter heran, sodass jede Falte, jedes Grübchen, die Jürgen Marschall ins Lindenholz geschnitten hat, sichtbar werden. Gewohnt tapsig ist der Gang der Darsteller an ihren Fäden und die Kulissen könnten direkt aus einem Bilderbuch stammen.
Das Eselchen Noel erzählt hier, wie es mit der Geburt des Jesuskindes war. Das schlaue Grautier dient dem Josef und seiner Braut Maria. Es widerspiegelt die Geschehnisse in und unterwegs nach Bethlehem mit Puppenkiste-typischem Witz und Charme. Gern stellt Noel seine Ohren auf, setzt sich auf seine Hinterbeine und quatscht vorlaut.
Theaterleiter Klaus Marschall und seine Autorin Judith Gardner bringen die Weihnachtsgeschichte originalgetreu auf die Bühne nach Motiven aus den Evangelien des Lukas und des Matthäus. Mit Maria und Josef, Engel und Hirten, Ochs und Esel. Natürlich mit einem Augenzwinkern in Puppenkiste-Ma- nier, ohne aber die religiöse Würde zu verletzen. Sprachlich wird es kunterbunt: König Melchior ist Österreicher, schwäbische und französische Klänge mischen sich ein. Der jiddisch redende Erzengel Gabriel verpatzt regelmäßig seine Landung und plumpst in einer Staubwolke vom Himmel. Und das Eselchen erscheint den königlichen Astronomen aus dem Orient als Sternbild am Himmel, sodass sie sich auf den Weg machen. Die Weihnachtsgeschichte der Puppenkiste verkündet eine ReNazareth ligionen und Kulturen übergreifende Friedensbotschaft. Das Dromedar spricht von Allahs weisen Wegen, der gemächliche Ochse zitiert die hebräische Bibel und freut sich daran, dass der liebe Gott jedem Geschöpf sein Futter gewährt.
Erwachsene hören aus den Dialogen manche gewichtige Worte heraus. Kinder, zumal kleine, werden verzaubert durch die Poesie des Puppenspiels, das der Fantasie zu ergänzen aufgibt, was auf der Bühne vielleicht nur in Tönen und Gesten angedeutet wird. Allen Zuschauern wird warm ums Herz, ohne dass sie in ihren Gefühlen von visuellen oder tönenden Tricks überwältigt würden. Die Klarinettistin Susanne Ortner hat zum Spiel vielmehr eine Musik komponiert, die traditionelle Weihnachtslieder und jüdischen Klezmer zu einem atmosphärischen Gesamtbild zusammenfügt.
Der FilmFernsehFonds Bayern hat übrigens eine Förderung abgelehnt. Es handle sich um keinen richtigen Film, wurde Produzent Steinbach als Begründung mitgeteilt. Vielleicht sollten die Entscheider mal ins Kino gehen. **** O
Filmstart in Aichach, Augsburg, Dil lingen, Füssen, Kaufbeuren, Königs brunn, Meitingen, Nördlingen