Augsburger Allgemeine (Land West)
Trotz Holocaust ist Versöhnung möglich
Erinnerungskultur Die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Augsburg bemüht sich seit 35 Jahren darum
„Ich stehe hier, singe jiddische Lieder und spreche zu Ihnen. Das zeigt: Frieden ist möglich.“Der Israeli und preisgekrönte Tenor Yoed Sorek ist zutiefst überzeugt: Nicht nur Nachkommen von Holocaust-Überlebenden und Nachfahren der Täter können Versöhnung gestalten. Auch in seiner alten Heimat Israel, die er vor vier Jahren in Richtung Augsburg verließ, können die Menschen aufeinander zugehen, wenn sie es wollen.
Um Friedensbemühungen und Freundschaften zu unterstützen, trat der freischaffende Musiker auch der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Arbeitsgemeinschaft Augsburg-Schwaben (DIG Augsburg), bei und sorgte jetzt – in Begleitung der Pianistin Susann Klovsky – für den stimmungsvollen Rahmen beim Fest des 35-jährigen Bestehen der DIG Augsburg.
Etwa 80 Vereinsmitglieder und Interessierte folgten der Einladung des Vereins. Unter ihnen die Augsburger Gründungspioniere Karl Vogele, Günter Würmseher, Willi Leichtle, Eduard Oswald, Gernot Römer und Helmut Hartmann. Würmseher und Vogele berichteten von der ersten Versammlung 1981 in der Kongresshalle, erinnerten an ihre Israelreisen und die bestürzenden Besuche der zentralen israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.
Die übergeordnete deutschlandweite Gesellschaft entstand 1966, ein Jahr nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel. Um die Bürger beider Länder zu beteiligen, sollte der Verein nicht nur als überparteiliche Initiative auf politischer Ebene, sondern auch vor Ort aktiv werden. Der Augsburger Ableger war zwar etwas spät dran, ist jedoch heute der fünfgrößte und nach eigenen Bekundungen einer der aktivsten der bundesweit inzwischen 50 Vereine.
Den Festvortrag zum Augsburger Jubiläum hielt Johannes Gerster, Ehrenpräsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Der rheinlandpfälzische CDU-Politiker, der selbst neun Jahre in Israel lebte, äußerte sich besorgt über die Entwicklungen in unmittelbarer Nachbarschaft Israels, die das Land bedrohten. Auch die antiisraelischen Demonstrationen vor zwei Jahren, die in mehreren großen Städten Deutschlands von türkisch-muslimischen Veranstaltern organisiert worden waren, treiben ihn um. Israel brauche Deutschland. „Aus historischen, politischen und moralischen Gründen müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Juden in Israel in Frieden und Freiheit leben können“, erklärte der ehemalige Bundespolitiker.
Auch wenn die Hamas seit 2014 nicht zu Verhandlungen bereit sei: Zum Frieden führten nur eine Anerkennung des Staates Israels durch die arabischen Länder, völkerrechtlich anerkannte Grenzen und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten.