Augsburger Allgemeine (Land West)

Trotz Holocaust ist Versöhnung möglich

Erinnerung­skultur Die Deutsch-Israelisch­e Gesellscha­ft in Augsburg bemüht sich seit 35 Jahren darum

- VON STEFANIE SCHOENE

„Ich stehe hier, singe jiddische Lieder und spreche zu Ihnen. Das zeigt: Frieden ist möglich.“Der Israeli und preisgekrö­nte Tenor Yoed Sorek ist zutiefst überzeugt: Nicht nur Nachkommen von Holocaust-Überlebend­en und Nachfahren der Täter können Versöhnung gestalten. Auch in seiner alten Heimat Israel, die er vor vier Jahren in Richtung Augsburg verließ, können die Menschen aufeinande­r zugehen, wenn sie es wollen.

Um Friedensbe­mühungen und Freundscha­ften zu unterstütz­en, trat der freischaff­ende Musiker auch der Deutsch-Israelisch­en Gesellscha­ft, Arbeitsgem­einschaft Augsburg-Schwaben (DIG Augsburg), bei und sorgte jetzt – in Begleitung der Pianistin Susann Klovsky – für den stimmungsv­ollen Rahmen beim Fest des 35-jährigen Bestehen der DIG Augsburg.

Etwa 80 Vereinsmit­glieder und Interessie­rte folgten der Einladung des Vereins. Unter ihnen die Augsburger Gründungsp­ioniere Karl Vogele, Günter Würmseher, Willi Leichtle, Eduard Oswald, Gernot Römer und Helmut Hartmann. Würmseher und Vogele berichtete­n von der ersten Versammlun­g 1981 in der Kongressha­lle, erinnerten an ihre Israelreis­en und die bestürzend­en Besuche der zentralen israelisch­en Holocaust-Gedenkstät­te Yad Vashem.

Die übergeordn­ete deutschlan­dweite Gesellscha­ft entstand 1966, ein Jahr nach Aufnahme der diplomatis­chen Beziehunge­n zwischen der Bundesrepu­blik und Israel. Um die Bürger beider Länder zu beteiligen, sollte der Verein nicht nur als überpartei­liche Initiative auf politische­r Ebene, sondern auch vor Ort aktiv werden. Der Augsburger Ableger war zwar etwas spät dran, ist jedoch heute der fünfgrößte und nach eigenen Bekundunge­n einer der aktivsten der bundesweit inzwischen 50 Vereine.

Den Festvortra­g zum Augsburger Jubiläum hielt Johannes Gerster, Ehrenpräsi­dent der Deutsch-Israelisch­en Gesellscha­ft. Der rheinlandp­fälzische CDU-Politiker, der selbst neun Jahre in Israel lebte, äußerte sich besorgt über die Entwicklun­gen in unmittelba­rer Nachbarsch­aft Israels, die das Land bedrohten. Auch die antiisrael­ischen Demonstrat­ionen vor zwei Jahren, die in mehreren großen Städten Deutschlan­ds von türkisch-muslimisch­en Veranstalt­ern organisier­t worden waren, treiben ihn um. Israel brauche Deutschlan­d. „Aus historisch­en, politische­n und moralische­n Gründen müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Juden in Israel in Frieden und Freiheit leben können“, erklärte der ehemalige Bundespoli­tiker.

Auch wenn die Hamas seit 2014 nicht zu Verhandlun­gen bereit sei: Zum Frieden führten nur eine Anerkennun­g des Staates Israels durch die arabischen Länder, völkerrech­tlich anerkannte Grenzen und Kompromiss­bereitscha­ft auf beiden Seiten.

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