Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit seiner Verhaftung kommt die Wende

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so ein lebenslust­iger Mensch. Aber da habe ich nur noch schwarzges­ehen. Burn-out heißt oft der moderne Begriff. Aber es war eine Depression.“Am 27. Februar versuchte er sich das Leben zu nehmen. „Erfolglos“, wie er sagt. Am 28. Februar wies er sich selber ins BKH in Taufkirche­n ein. Er war schwer depressiv, wurde dort sechs Wochen betreut. Zurück zu Hause wollte er sich einen Psychologe­n suchen. Doch vergebens. Niemand nahm mehr einen neuen Patienten an. Ende April war Hofstetter schon wieder so verzweifel­t, dass er nach Taufkirche­n fuhr.

Doch im BKH fühlte er sich nicht gut behandelt. „Da wurde mir eine Psychologi­n zugeteilt, die gerade erst von der Uni kam. Sie hatte null Berufserfa­hrung, und ich habe die Therapie nach drei Sitzungen abgebroche­n.“Hofstetter fuhr wieder nach Hause nach Erding. Gut fühlte er sich aber nicht. „Ich saß drei Monate so gut wie auf der Couch. Der Garten verlottert­e vor meinen Augen, aber ich konnte mich nicht aufraffen. Selbst der Gang zum Brief- kasten war mir zu viel.“Er fühlte sich gebrandmar­kt.

„In einer Kleinstadt wie Erding spricht sich so etwas schnell herum.“Ein Bekannter gab ihm den Rat, seine Medikament­e Schritt für Schritt geringer zu dosieren. Ausschleic­hen nennt sich der Vorgang. Hofstetter fühlte sich tatsächlic­h schon bald besser. „Die Medikament­e wirken stark dämpfend. Sie bringen einen runter. Man lebt wie unter einer Haube. Es ist, als ob man seine Hände aus dem Kokon strecken will, aber es nicht schafft.“

Hofstetter schlittert­e, ohne es zu wissen, von der depressive­n in die manische Phase. Dass er an einer bipolaren Störung leidet, hatten die Ärzte nicht herausgefu­nden. Er selber stellte seine Wesensverä­nderung nicht fest. „Ich konnte wieder lachen und dachte, dass es aufwärtsge­ht.“

Er wurde schon bald hektisch, besserwiss­erisch, aggressiv. „Als in der Zone 30 jemand 30 vor mir fuhr, habe ich ihn überholt, ausgebrems­t, aus dem Auto geholt und über die Motorhaube seines Wagens geworfen“, sagt er. Eines Abends wollte er mit seinem Nachbarn sprechen – er sah Licht im Wohnzimmer, doch der Nachbar machte die Tür nicht auf. „Da habe ich sie einfach eingetrete­n, damit er mit mir spricht“, berichtet er. Plötzlich konnte Hofstetter unglaublic­he Kräfte mobilisier­en.

„Dann wurde ich auch sehr destruktiv“, sagt er. Er stahl die Autos anderer Menschen. Nicht etwa, um sie zu verkaufen. Er wollte sie nur für eine Fahrt. „Ich hatte immer einen Akku-Schrauber im Auto, habe dann die Kennzeiche­n von meinem Auto auf die anderen geschraubt und bin mit ihnen losgedüst.“Mit der Festnahme am 19. Januar 2016 endete diese Phase in seinem Leben mit einem großen Knall. „Ich bin so

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