Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Stück Normalität zurückgewinnen
Soziales „Beteiligung am Leben“hilft Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, an den Arbeitsplatz zurückzukehren
Wenn der Schauspieler Jack Nicholson im Film „Besser geht’s nicht“wieder und wieder seine Hände mit heißem Wasser wäscht, nur von einer bestimmten Kellnerin bedient werden will oder nicht auf allen Fußwegen laufen kann, findet es der Kinobesucher komisch. Mit dem Thema Zwangsneurose wird in dem Film völlig unkompliziert umgegangen. Dieser Film ist ein Beispiel für einen Beitrag des Filmfestivals „Gesundheit ist relativ“, das im Oktober das zweite Mal im Liliom stattfand. Veranstaltet wird es unter anderem von der gemeinnützigen GmbH Beteiligung am Leben, die ein Unternehmen der Lehmbaugruppe ist.
Nach jedem Film spricht ein Betroffener über seine Krankheit, wie Chrysanth Hofstetter über seine bipolare Störung (siehe oben stehenden Artikel). „Wir wollen damit Berührungsängste abbauen. Psychische Erkrankungen sind immer noch ein Stigma in unserer Gesellschaft“, sagt Fachleiterin Edith Almer. Mit dem Ins-Bewusstsein-Rücken ist es für „Beteiligung am Leben“allerdings noch nicht getan. Durch verschiedene Initiativen versucht sie, Menschen mit einer psychischen Erkrankung die Rückkehr an einen Arbeitsplatz zu ermöglichen. „Das ist oft sehr wichtig für die Menschen, da sie sonst vereinsamen, ihnen ein geregelter Tagesablauf fehlt“, sagt Almer. Vor drei Jahren hat das Unternehmen mit seinem Zuverdienst-Projekt angefangen. Dabei wird Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen eine Teilzeitstelle auf Minijob-Basis in Augsburg und den Kreisen Augsburg und Aichach-Friedberg vermittelt. Die Idee kam gut an. Im ersten Jahr rechneten die Mitarbeiter von „Beteiligung am Leben“mit acht bis zwölf Vermittlungen: 20 waren es damals binnen kürzester Zeit. Im zweiten Jahr stieg die Anzahl auf 80 vermittelte Menschen mit psychischen Erkrankungen, im dritten Jahr sind es jetzt 130.
Darunter sind Frauen und Männer, die an Depressionserkrankungen leiden, an Psychosen, an Schizophrenie, an bipolarer Störung oder an Borderline-Persönlichkeitsstörung. „Es sind Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen und deren Motivation groß ist, ihren Lebensstandard etwas zu verbessern“, so Almer. Viele lebten von Grundsicherung und hielten sich mit Wohngeld und einem Tafelschein über Wasser, so die Fachleiterin. „Es ist gut für sie, wenn sie sich nicht mehr als Außenseiter fühlen müssen“, betont Almer.