Augsburger Allgemeine (Land West)

Diese Kinder wollen Tierversuc­he stoppen

Demokratie Im Ethik-Unterricht sollen die Gersthofer Gymnasiast­en lernen, was verantwort­ungsvolles Handeln ist. Sie schreiben an die Landtagsab­geordneten. Und heute befasst sich ein wichtiges Gremium in München mit dieser Eingabe

- VON JANA TALLEVI

Gersthofen Am Anfang war es nur ein Beispiel aus dem Ethik-Unterricht. Anhand eines Themenbloc­ks rund um Tierversuc­he sollten die Fünftkläss­ler des Paul-Klee-Gymnasiums in Gersthofen beurteilen lernen, wie man eigene Entscheidu­ngen trifft. Es ging um die Frage nach der Verantwort­ung im menschlich­en Handeln. Herausgeko­mmen ist eine Eingabe an den Ausschuss für Umwelt und Verbrauche­rschutz des bayerische­n Landtags mit dem Ziel, Tierversuc­he abzuschaff­en. Am heutigen Donnerstag wird sich der Ausschuss damit befassen. Mehr als 30 Kinder haben den Antrag unterzeich­net.

Das war bereits im vergangene­n Schuljahr. Die damals zehn und elf Jahre alten Kinder hatten sich von dem Thema stark beeindruck­t gezeigt, dass ihnen nicht nur ihre Ethik-Lehrerin, Studiendir­ektorin Eva Rebel, sondern auch eine Vertreteri­n der Tierschutz­organisati­on Attis näher brachte. „Tiere haben die gleichen Rechte wie wir“, ist der Schüler Burhan aus der EhtikGrupp­e seitdem überzeugt. Sein Kamerad Kaan sagt: „Wir sind gegen Tierversuc­he und sagen das auch den Politikern.“Habib glaubt, dass viele Erkenntnis­se auch theore- erforscht werden könnten. Dylan versetzt sich auf eine für ihn nachvollzi­ehbare Weise in die Lage der Tiere: „Die werden ihren Eltern weggenomme­n und einfach gespritzt“. Dann sagt er noch: Tierversuc­he seien gar nicht immer nötig und seine Kameradin Lisa ergänzt, schon gar nicht in der Herstellun­g von Schminke: „Tiere reagieren da ganz anders als Menschen.“

Ein Argument, mit dem sich auch ihre Lehrerin Eva Rebel in der Vorbereitu­ng auf den Unterricht­sblock beschäftig­t hat. „Heute sagen auch viele Ärzte, dass die Ergebnisse nicht übertragba­r sind. Aber die Lobby für den Tierschutz ist so klein.“Das weiß auch der SPDLandtag­sabgeordne­te Herbert Woerlein, tierpoliti­scher Sprecher der SPD. Als Mitbericht­erstatter wird er die Eingabe der Kinder heute im Ausschuss erläutern. „In Bayern passiert beim Tierschutz viel zu wenig“, sagt er. Da sei es wichtig, wenn Anregungen direkt von den Bürgern kämen. Gerade beim Thema Tierversuc­he habe er inzwischen eine feste Meinung. Während er noch vor zwei oder drei Jahren gedacht habe, Tierversuc­he seien dann zu verantwort­en, wenn mit den Ertisch gebnissen Menschen bei einem Leiden geholfen werden könne, sehe er das heute nicht mehr so. „Die Ergebnisse sind fast nie sicher übertragba­r“, so seine Überzeugun­g. Das gelte gerade für Ergebnisse in der Krebsforsc­hung. Auslöser seien da bei Tieren zumeist andere als beim Menschen.

Dass aus der Forderung der Schüler nach einem Ende dieser Experiment­e schließlic­h eine Eingabe wurde, damit hatte vor allem die Lehrerin gar nicht gerechnet. „Die Kinder haben das Schriftstü­ck selbst aufgesetzt. Ich hatte es dann an die beiden Landtagsab­geordneten Johannes Hintersber­ger (CSU) und Harald Güller (SPD) geschickt.“Trotz allen guten Willens vonseiten der Schüler schätzt Woerlein die Chancen des Antrags als eher schlecht ein. Zum einen liege ihm bereits die Stellungna­hme der bayerische­n Ministerin für Umwelt- und Verbrauche­rschutz, Ulrike Scharf, vor.

Darin verweise sie auf die geltende Rechtslage im Tierschutz. In der Bundesrepu­blik gibt es ein einheitlic­hes Tierschutz­gesetz. In ihm ist unter anderem geregelt, dass die Belastung der Kreaturen in den Versuchen so gering wie möglich gehalten werden muss. Der Ausschuss in München befasst sich nun mit dem Thema, weil zudem eine bayerische Genehmigun­gsbehörde die jeweiligen Tierversuc­he zulassen muss, erläutert eine Sprecherin des Umweltund Verbrauche­rschutzmin­isteriums. Zum anderen hat Woerlein in den drei Jahren, in denen er sich als Landtagsab­geordneter unter anderem für das Tierwohl einsetzt, erfahren, wie schwer mit dem Thema ein positives Ergebnis zu erreichen sei. „Ich habe in diesen Jahren etwa 60 Anträge eingebrach­t. Nur zwei hatten Erfolg“, so seine Bilanz. Bei diesen beiden ging es um das Ende der Käfighaltu­ng von Hühnern und das Verbot einer Schlachtun­g von hochträcht­igen Rindern.

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Die Ethik Gruppe der jetzigen sechsten Klassen am Paul Klee Gymnasium in Gersthofen macht sich gegen Tierversuc­he stark. Sie haben selbst eine Eingabe formuliert, die heute im Ausschuss behandelt wird.
Foto: Andreas Lode Die Ethik Gruppe der jetzigen sechsten Klassen am Paul Klee Gymnasium in Gersthofen macht sich gegen Tierversuc­he stark. Sie haben selbst eine Eingabe formuliert, die heute im Ausschuss behandelt wird.

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