Augsburger Allgemeine (Land West)
Besonderes Geburtstagsgeschenk für die Kirche
St. Martin in Emersacker wird 300 Jahre alt und soll neue Glocken bekommen. Der Pfarrer bewundert diesen Mut
Emersacker Mit dem ersten Advent beginnt für die Katholiken das neue Kirchenjahr – und für die Pfarrei St. Martin in Emersacker ein großes Jubiläum. Die Kirche wird 300 Jahre alt. Ein Jahr lang gibt es deshalb besondere Gottesdienste, Konzerte, Vorträge und Feiern (siehe Infokasten). Höhepunkt des Festjahres soll die Glockenweihe sein. Die Gläubigen wollen ihrer Kirche nämlich ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk machen: Sie soll drei neue Glocken bekommen.
Die Marien- und die Martinsglocke wurden 1950 aus minderwertigem Material gegossen, für reine Glockenbronze hatte man nach dem Krieg kein Geld. Das mindert nicht nur die Tonqualität, sondern auch die Haltbarkeit. Die Gefahr, dass sich bald Risse bilden, ist groß. Und so sind die beiden neueren Glocken in einem schlechteren Zustand als die kleinere, ältere Leonhardsglocke. Diese hängt seit 1923 im Turm und soll dort auch bleiben. Dafür hat sich ein Spender für eine vierte Glocke gefunden. Und viele Gruppen und Vereine haben schon Geld für das Geläut gesammelt. Denn für die Pfarrei ist das eine große Investition. Allein die Glocken werden inklusive Technik etwa 75000 Euro kosten. Zuschüsse von der Diözese gibt es nur für die Sanierung des Turms, die weitere 30 000 Euro kosten wird. Der ist übrigens schon älter als die Kirche, er wurde von einem Vorgängerbau übernommen.
Neue Glocken sind in diesen Zeiten ein seltenes Ereignis. Die Emersackerer können im April sogar beim Guss in Karlsruhe dabei sein. Im September werden die Glocken dann geweiht – das ist auch liturgisch etwas Besonderes. Selbst Pfarrer Dr. Joachim Seiler sagt: „Ich war noch nie bei so einer Weihe dabei.“Er leitet seit September die Pfarreiengemeinschaft (PG) Emersacker – Lauterbrunn – Heretsried. Die Entscheidung für die neuen Glocken fiel also schon unter seinem Vorgänger. „Es ist mutig, an die Zukunft der Kirche zu glauben“, sagt er dazu. „Anderswo ist längst die Verzweiflung eingetreten.“
Auf seiner neuen Stelle erlebt Seiler eine ganz andere Kirche, erzählt er. Hier sind die Katholiken noch in der Mehrheit – zur Pfarrei Emersacker gehören ungefähr 950 Katholiken bei knapp 1400 Einwohnern, ihre Zahl wächst durch Geburten und Neubaugebiete sogar ganz langsam. Außerdem seien die Menschen im Holzwinkel viel stärker verwurzelt und besser vernetzt. „Da gibt es nicht so ein Nomadenwesen wie in Augsburg“, sagt Seiler. Vor zwei Jahren hat er noch mit seiner damaligen Pfarrei in Augsburg-Hochfeld 80 Jahre St. Canisius gefeiert. „Das Jubiläum war fast ein Abgesang“, sagt er im Rückblick. „Heute ist die Kirche überflüssig.“Sie ist mittlerweile Teil einer Pfarreiengemeinschaft mit der Gemeinde Zum Guten Hirten. Seiler betont aber, dass auch seine jetzige PG bedroht ist: Laut der „Raumplanung 2025“der Diözese soll aus den sieben Pfarreien im Holzwinkel eine große Pfarreiengemeinschaft werden. „Ich frage mich, wie der Priester da präsent sein soll“, sagt Seiler. „Ich sehe ja jetzt schon, wie schwer das mit drei Pfarreien ist.“
In Emersacker wird nun aber erst einmal gefeiert. Die Gemeinde eröffnet das Festjahr am Samstag mit einem feierlichen Gottesdienst. Der Kirchenchor singt eine Taizé-Messe – „ein wichtiges Zeichen“, findet Seiler: Der Chor arbeitet nämlich schon pfarreiübergreifend, und das Festjahr soll beim Zusammenwachsen der PG helfen. Da gibt es schon noch Verlustängste, und der Lernprozess braucht noch, hat der Pfarrer gemerkt. „Aber das Festjahr ist grundsätzlich für alle gedacht.“