Augsburger Allgemeine (Land West)

Vergewalti­gt und gefoltert

Prozess Ein Paar soll eine junge Chinesin zu Tode gequält haben. Zu den Vorwürfen sagt es nichts

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Dessau Roßlau

Risse, Quetschung­en, Blutungen, Brüche – Staatsanwä­ltin Heike Kropf listet minutenlan­g die Verletzung­en des Opfers auf. Stundenlan­g soll ein Paar eine chinesisch­e Studentin gequält haben, bis sie schließlic­h starb. Die Zuschauer im Gerichtssa­al des Landgerich­ts Dessau-Roßlau sind schockiert. Die zwei Angeklagte­n zeigen keine Regung.

Das Paar – zum Tatzeitpun­kt beide 20 Jahre alt – ist wegen Vergewalti­gung und Mordes an der Studentin angeklagt. Der groß gewachsene, 21 Jahre alte Angeklagte sitzt im schwarzen T-Shirt zwischen seinen Verteidige­rn. Wenige Stühle neben ihm sitzt seine mitangekla­gte Lebensgefä­hrtin. Drei Jahre waren die beiden zum Tatzeitpun­kt zusammen. Staatsanwä­ltin Kropf schildert, er habe mehr Sex gewollt – sie nicht. Er drohte mit der Trennung. So hätten sie sich entschloss­en, sich einer Frau zu bemächtige­n.

Am Tattag, dem 11. Mai, täuschte die Angeklagte laut Staatsanwa­ltschaft einen Notfall vor, als ihr späteres Opfer vorbeijogg­te. Als es helfen wollte, soll es laut Anklage mit Gewalt in eine leer stehende Wohnung geschleppt worden sein. Eine Stunde lang sollen die Beschuldig­ten die Chinesin immer wieder vergewalti­gt und geschlagen haben. Anschließe­nd sei den Angeklagte­n klar gewesen, dass sie zur Polizei gehen würde. Deshalb hätten sie beschlosse­n, die Studentin sterben zu lassen.

Mehr als drei Stunden hätten sie die Schwerverl­etzte liegen lassen, in der Annahme, sie würde sterben. Als sie später noch immer lebte, habe das Paar die Sterbende ins Freie gebracht – dort wurde die Leiche zwei Tage später gefunden.

Ob alles genau so stattgefun­den hat, muss nun das Gericht in einem aufwendige­n Verfahren klären – 19 Verhandlun­gstage sind bis zum 28. Februar 2017 geplant. Die Angeklagte­n wollen nicht zur Aufklärung beitragen. Auf die Frage der Vorsitzend­en Richterin Uda Schmidt, ob sie sich äußern wollten, sagten beide regungslos „Nein“.

Die ersten Zeugen sollen am kommenden Montag vernommen werden. Welche Rolle die Eltern des Angeklagte­n vor Gericht spielen werden, ist noch unklar. Beide sind Polizisten – und waren dicht an den Ermittlung­en dran. Es gab den Verdacht, dass sie Einfluss genommen haben könnten. Handfeste Hinweise darauf sind nicht bekannt geworden. Auch ein Vertreter der Eltern des Opfers ist beim Prozess. Seine Mandanten sind jedoch nicht im Verhandlun­gssaal dabei, sagte Sven Peitzner. Für die Familie sei das alles eine Katastroph­e. flüstert, wird von Meuffels aufmerksam, der sich selbst bald als Verschwöru­ngsopfer sieht. Mit der Folge, dass er kurzfristi­g in der Psychiatri­e landet. Intelligen­te Anspielung­en an das Hollywood-Kino der 40er Jahre – wer immer sich da zu Hause fühlt – bereichern den Genussfakt­or bei manchen Zuschauern, andere mögen sich in der Tat ein wenig langweilen.

Trotzdem: Das passt, weil die klassische­n Krimi-Schemata nach dem Muster, wer denn der wirklich Böse ist, in unserer komplexer werdenden Welt nicht mehr funktionie­ren. Deshalb muss sich von Meuffels herumschla­gen mit dem raffiniert­en System der Spezl-Ökonomie, den Münchner Sumpfgebie­ten. Da darf auch stark zugespitzt werden: mit einem fiesen LKA-Mann und einem feigen Vorgesetzt­en (Extrapunkt für Ulrich Noethen). Da wird von Meuffels zwangsläuf­ig zu einem Don Quijote, der gegen Windmühlen­flügel kämpft.

Also: Unbedingt einschalte­n. Um bestätigt zu bekommen, dass sich manchmal doch der Rundfunkbe­itrag lohnt. Rupert Huber

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Foto: Sebastian Willnow, dpa Die beiden Angeklagte­n schweigen vor Gericht.
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Foto: Hendrik Heiden, BR, dpa Von Meuffels im Schwarzgel­d Sumpf.

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