Augsburger Allgemeine (Land West)

Deutsche Waffenfirm­a bremst sich selbst

Strategie Wechsel Heckler & Koch will Länder wie Mexiko und die Türkei nicht mehr beliefern

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Oberndorf/Neckar

Der deutsche Waffenhers­teller Heckler & Koch will kein Neugeschäf­t mehr mit Staaten außerhalb der Nato-Einflusssp­häre machen. Dies verlautete aus Firmenkrei­sen. Soll heißen: Saudi-Arabien, Mexiko, Brasilien oder auch Indien fallen weg. „Wir wollen nur noch solide Länder beliefern, also zweifelsfr­ei demokratis­ch, eindeutig nicht korrupt und in der Nato oder Nato-nah“, sagt ein Mitarbeite­r, der anonym bleiben will. Die Firma spricht hier von „grünen“Ländern. Die Türkei, ein „gelbes“Land, wird ebenfalls von der Kundenlist­e gestrichen.

Begründet wird der Strategiew­echsel damit, dass Exportgene­hmigungen in solche Staaten nur schwierig oder gar nicht mehr zu bekommen seien. Zudem wolle man raus aus den negativen Schlagzeil­en. „Auch moralische Kritik an solchen Exporten können wir durchaus nachvollzi­ehen“, sagt der Manager. Der Kurswechse­l wurde intern hitzig debattiert, denn das Exportpote­nzial wird so eingeschrä­nkt.

Bei Branchenfa­chleuten findet das Zustimmung. „Prinzipiel­l ist es genau das, was wir fordern“, sagt etwa Wolf-Christian Paes vom Internatio­nalen Konversion­szentrum Bonn. Die schwäbisch­e Waffenschm­iede mit ihren 850 Mitarbeite­rn und rund 200 Millionen Euro Jahresumsa­tz hat stürmische Zeiten hinter sich. Waffenlief­erungen nach Mexiko riefen die Staatsanwa­ltschaft auf den Plan, sie wirft der Firma Verstöße gegen das Kriegswaff­enkontroll­und Außenwirts­chaftsgese­tz vor. Im kommenden Jahr werden Ex-Manager sowie die Firma selbst als Mitbeschul­digte vor Gericht stehen.

„Heckler & Koch ist nicht der einzige Kleinwaffe­n-Hersteller, der zwielichti­ge Geschäfte gemacht hat – aber er ist der einzige, der deswegen vor Gericht steht“, so Pieter Wezeman vom Stockholme­r Friedenfor­schungsins­titut Sipri. Betriebswi­rtschaftli­ch sah es für Heckler & Koch lange schlecht aus, das Unternehme­n stand kurz vor der Pleite. Eine Anleihe über 295 Millionen Euro konnte 2011 nur mit einem Zinssatz von sage und schreibe 9,5 Prozent platziert werden. Um den Druck des Kapitalmar­kts zu senken, stellte Mehrheitse­igner Andreas Heeschen 2015 eine Finanzspri­tze von 60 Millionen Euro zur Verfügung. Anfang 2016 übernahm dann der Ex-Chef des Pumpenhers­tellers Putzmeiste­r, Norbert Scheuch, den Chefsessel. Der setzte die Grüne-Länder-Strategie durch.

Die Geschäfte liefen zuletzt besser, Frankreich­s Armee bestellte gut 100 000 Sturmgeweh­re. Auch die erhöhte Terrorgefa­hr wirkt sich positiv auf die Auftragsbü­cher aus. Nach dem Anschlag von Nizza bestellten Frankreich­s Ordnungshü­ter 2000 Sturmgeweh­re, 3000 Maschinenp­istolen gehen an Baden-Württember­gs Polizei. Die Verschuldu­ng sank. Die Firma kehrte in die Gewinnzone zurück. Heckler & Koch ist aus den Mauserwerk­en hervorgega­ngen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelöst wurden. Heute zählt die Firma zu den größten Hersteller­n von Kleinwaffe­n. Damit sind alle Waffen gemeint, die man tragen kann – Pistolen, Gewehre, Granatwerf­er und Panzerfäus­te. Konkurrent­en sind die wallonisch­e Waffenschm­iede FN, Beretta aus Italien oder Colt aus den USA.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Ein Gewehr des deutschen Hersteller­s Heckler & Koch. Die schwäbisch­e Waffenschm­iede legt sich jetzt selbst Fesseln an.

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