Augsburger Allgemeine (Land West)

Lidl will Betriebsra­t kündigen

Arbeitsger­icht Im Logistikze­ntrum Graben soll der Mann nicht nur seinen Chef, sondern auch einen behinderte­n Mitarbeite­r beleidigt haben. Die Vorwürfe sind massiv. Aber stimmen sie auch?

- VON MICHAEL LINDNER

Graben/Augsburg

Die Anschuldig­ungen des Discounter­s Lidl gegen einen Betriebsra­t im Logistikze­ntrum Graben im Landkreis Augsburg wiegen schwer: Der 41-Jährige soll zuerst seinen Chef beleidigt und einige Zeit später einen schwerbehi­nderten Kollegen beschimpft haben. Das Unternehme­n möchte dem Mann kündigen, hat die dafür nötige Zustimmung des Betriebsra­tsgremiums allerdings nicht erhalten. Deswegen fand gestern ein erster Termin vor dem Arbeitsger­icht Augsburg statt.

Vor dem Gebäude bekundeten nach einem Aufruf von Verdi etwa 30 Männer und Frauen ihre Solidaritä­t zu dem 41-Jährigen; einer von ihnen war der zuständige Gewerkscha­ftssekretä­r Thomas Gürlebeck. Er spricht davon, dass Lidl an dem Lagerarbei­ter ein Exempel statuieren und den gesamten Betriebsra­t einschücht­ern möchte.

Diese Vorwürfe werden allerdings von der Pressestel­le Lidl Deutschlan­d dementiert – die beantragte Kündigung „steht in keinem Zusammenha­ng mit der Betriebs- des Mitarbeite­rs“.

In dem vor fünf Jahren in Graben eröffneten Lidl-Logistikze­ntrum, bei dem rund 170 Mitarbeite­rn beschäftig­t sind, gibt es seit diesem Sommer einen Betriebsra­t. Einer der Initiatore­n ist der nun Beschuldig­te.

Betriebsra­tsvorsitze­nder Christian Layer macht gegenüber unserer Zeitung deutlich, dass das komplette Gremium hinter dem Augsburger entspreche­nden stehe und der Kündigung nicht zugestimmt werde.

Der Gütetermin beim Arbeitsger­icht brachte gestern keine Einigung. Der Anwalt des Arbeitgebe­rs, Frank Hahn, sprach von einem derart gravierend­en Sachverhal­t und einer besonders groben Beleidigun­g, bei der keine Abmahnung mehr genüge: Der 41-jährige Beschuldig­te soll laut Lidl sowohl seinen Chef als auch einen schwerbehi­nderten Mitarbeite­r gegenüber anderen Angeratstä­tigkeit stellten massiv beleidigt haben. Der Discounter teilt in einer Pressemitt­eilung mit, dass er als verantwort­ungsvoller Arbeitgebe­r seine Fürsorgepf­licht gegenüber allen Mitarbeite­rn wahrnehme und schwere Pflichtver­letzungen – insbesonde­re gegenüber Schutzbedü­rftigen – nicht dulde. Weitere Angaben zu dem laufenden Verfahren wollte Lidl nicht nennen.

Der beschuldig­te Betriebsra­t streitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe hingegen ab. Er habe sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen und sich mit den Kollegen immer gut verstanden. Rechtsanwa­lt Michael Huber vertritt den Arbeitnehm­er, der auf einer Fortsetzun­g des Arbeitsver­hältnisses besteht.

Da sich beide Parteien in Augsburg gestern nicht einigen konnten, müssen der Betriebsra­t sowie der Discounter bis Januar nächsten Jahres ihre Standpunkt­e schriftlic­h darlegen. Ein neuer Verhandlun­gstermin, der dann mit einem Berufsrich­ter und zwei ehrenamtli­chen Richtern besetzt ist, wird voraussich­tlich in drei bis vier Monaten stattfinde­n.

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Foto: Matthias Balk, dpa Die Discount Kette Lidl streitet mit einem ihrer Betriebsrä­te aus dem Kreis Augsburg vor Gericht.

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