Augsburger Allgemeine (Land West)
Lidl will Betriebsrat kündigen
Arbeitsgericht Im Logistikzentrum Graben soll der Mann nicht nur seinen Chef, sondern auch einen behinderten Mitarbeiter beleidigt haben. Die Vorwürfe sind massiv. Aber stimmen sie auch?
Graben/Augsburg
Die Anschuldigungen des Discounters Lidl gegen einen Betriebsrat im Logistikzentrum Graben im Landkreis Augsburg wiegen schwer: Der 41-Jährige soll zuerst seinen Chef beleidigt und einige Zeit später einen schwerbehinderten Kollegen beschimpft haben. Das Unternehmen möchte dem Mann kündigen, hat die dafür nötige Zustimmung des Betriebsratsgremiums allerdings nicht erhalten. Deswegen fand gestern ein erster Termin vor dem Arbeitsgericht Augsburg statt.
Vor dem Gebäude bekundeten nach einem Aufruf von Verdi etwa 30 Männer und Frauen ihre Solidarität zu dem 41-Jährigen; einer von ihnen war der zuständige Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck. Er spricht davon, dass Lidl an dem Lagerarbeiter ein Exempel statuieren und den gesamten Betriebsrat einschüchtern möchte.
Diese Vorwürfe werden allerdings von der Pressestelle Lidl Deutschland dementiert – die beantragte Kündigung „steht in keinem Zusammenhang mit der Betriebs- des Mitarbeiters“.
In dem vor fünf Jahren in Graben eröffneten Lidl-Logistikzentrum, bei dem rund 170 Mitarbeitern beschäftigt sind, gibt es seit diesem Sommer einen Betriebsrat. Einer der Initiatoren ist der nun Beschuldigte.
Betriebsratsvorsitzender Christian Layer macht gegenüber unserer Zeitung deutlich, dass das komplette Gremium hinter dem Augsburger entsprechenden stehe und der Kündigung nicht zugestimmt werde.
Der Gütetermin beim Arbeitsgericht brachte gestern keine Einigung. Der Anwalt des Arbeitgebers, Frank Hahn, sprach von einem derart gravierenden Sachverhalt und einer besonders groben Beleidigung, bei der keine Abmahnung mehr genüge: Der 41-jährige Beschuldigte soll laut Lidl sowohl seinen Chef als auch einen schwerbehinderten Mitarbeiter gegenüber anderen Angeratstätigkeit stellten massiv beleidigt haben. Der Discounter teilt in einer Pressemitteilung mit, dass er als verantwortungsvoller Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht gegenüber allen Mitarbeitern wahrnehme und schwere Pflichtverletzungen – insbesondere gegenüber Schutzbedürftigen – nicht dulde. Weitere Angaben zu dem laufenden Verfahren wollte Lidl nicht nennen.
Der beschuldigte Betriebsrat streitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe hingegen ab. Er habe sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen und sich mit den Kollegen immer gut verstanden. Rechtsanwalt Michael Huber vertritt den Arbeitnehmer, der auf einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses besteht.
Da sich beide Parteien in Augsburg gestern nicht einigen konnten, müssen der Betriebsrat sowie der Discounter bis Januar nächsten Jahres ihre Standpunkte schriftlich darlegen. Ein neuer Verhandlungstermin, der dann mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt ist, wird voraussichtlich in drei bis vier Monaten stattfinden.