Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Unternehmerin wirkt erstaunlich schüchtern
angefangen, die Töpferei professionell zu betreiben. „Das Töpfern habe ich von meiner Oma gelernt“, erzählt sie. Beziehungsweise erzählt das ihr Übersetzer, den sie dabeihat. Er ist nicht ihr einziger Begleiter: Neben Belhaf sitzt einer ihrer Söhne, daneben eine Freundin von ihr. Im Oman ist es nicht üblich, dass Frauen allein in der Öffentlichkeit unterwegs sind. Belhaf kann kein Englisch und wirkt angesichts der vielen Fragen zu ihrer Person etwas verschüchtert. Immer wieder zupft sie an ihrem Schleier, versucht Augenkontakt mit den Fremden zu vermeiden. Europäer stellen sich eine Geschäftsfrau anders vor. Es stört Belhaf auch nicht, wenn der Übersetzer manchmal gleich in ihrem Namen antwortet, ohne ihr die Frage überhaupt zu nennen. Das geplante Buch über die Entwicklung der Frauenrolle, es wirkt auf einmal paradox.
Später wird Elia Gad, FTI Group Head of Destination Middle East, versuchen, das Paradoxon aufzulösen. Es sei eine vollkommen ungewohnte Situation für Frauen, so im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, vor allem bei Europäern. Eine Leuchtfigur unter den Geschäftsfrauen im Oman ist Aisha Al Hajri. Die Omani ist die Gründerin des Unternehmens Salma’s Chocolates und hat sich 2012 mit einer Schokoladenmanufaktur in Muscat, der Hauptstadt des Landes, selbstständig gemacht. Das Geschäft floriert: Für ihre Pralinenkreationen mit Weihrauch und Rosenwasser ist Hajri weit über die Grenzen ihres Heimatlandes bekannt, bald eröffnet sie ein neues Geschäft in der Provinzhauptstadt Salalah. Hajri weiß, wie man ein modernes Unternehmen führt. Das Geschäft ist auf Twitter, Facebook und Instagram vertreten, auf Youtube gibt es einen Unternehmensfilm. Wie durch und durch sie Unternehmerin ist, zeigt sich auch daran, warum sie das Gespräch an jenem Abend absagen muss: Eine wichtige Geschäftsreise ist ihr dazwischengekommen.
Obwohl es immer mehr Akademikerinnen, Politikerinnen und Unternehmerinnen im Oman gibt und
der amtierende Sultan Qabus für Frauenrechte einsetzt, sind öffentliche Plätze noch heute größtenteils eine Männerdomäne. Auch der historische Hafen von Mirbat, eine Autostunde von der Provinzhauptstadt Salalah entfernt, ist eine fast frauenfreie Zone: Auf größeren, aus dunklem Holz gefertigten Booten, den sogenannten Dhaus, sitzen vereinzelt Fischer zusammen und nähen Netze, um die Markthalle stehen Händler und Verkäufer zusammen, dazwischen schlendern vereinzelt Touristen mit Fotoapparaten entlang. Die einzigen arabischen Frauen, die man diesem Tag dort sieht, sitzen gemeinsam in einem der am Hafen kreuz und quer geparkten Jeeps. Geländewagen sind eine große Leidenschaft der Omanis.
Yousef Al Shanfari ist dagegen meistens mit einem Pick-up unterwegs – schon allein, weil er auf der Ladefläche am besten die ganzen Schnorchel, Taucherflossen und Schwimmwesten transportieren kann. Der 31-jährige Omani ist Geschäftsführer des Unternehmens „Around The Ocean“, das verschiedene Wasseraktivitäten anbietet. Mit der Unterwasser- und Meeressich
welt kennt sich Al Shanfari aus – früher hat er Meereswissenschaften in Italien studiert. Danach ist er in den Oman zurückgekommen und hat „Around The Ocean“aufgebaut. Das Unternehmen startete mit gerade einmal einem Boot, mittlerweile steht eine kleine Flotte von acht Stück zur Verfügung. Der Renner: Delfine beobachten. „Das ist vor allem bei älteren Touristen beliebt“, erzählt er in fließendem Englisch.
Al Shanfari verkörpert die Mischung aus Tradition und Moderne auch äußerlich perfekt. Vor dem