Augsburger Allgemeine (Land West)

Echt krank, dieser Abend

Schwabenha­lle Mit seinem aktuellen Programm „Kronk“ist Bülent Ceylan nach Augsburg gekommen. Dann bekommt die Show eine solch skurrile Eigendynam­ik, dass Ceylan immer wieder lachen muss und zwischendr­in den Faden verliert

- VON CLAUDIA HAMBURGER

Unglaublic­h. Mit diesem Wort und einem Grinsen im Gesicht verließ Bülent Ceylan am Ende seines Auftritts die Bühne. Vor den Augsburger­n zu spielen, hat dem 40-jährigen Komiker einiges abverlangt. „Wenn das Publikum so drauf ist wie ihr, muss viel improvisie­rt werden“, rief er zwischendu­rch in die Menge. „Wer das richtige Programm sehen will, muss sich wohl die DVD kaufen.“Denn immer wieder kam Ceylan von seinen einstudier­ten Gags ab. Immer wieder musste er seinen Tourbetreu­er fragen, an welcher Textstelle er gerade war. Und immer wieder musste er selbst anfangen zu lachen. Kein Wunder also, dass der Comedian fast drei Stunden in der Schwabenha­lle auf der Bühne stand.

Ceylan wollte den Augsburger­n mit seinem Programm „Kronk“(kurpfälzis­ch für krank) erzählen, wie verrückt die Welt doch ist. Passend dafür ließ er sich am Anfang in der Zwangsjack­e auf die Bühne fahren. Kronk ist laut dem gebürtigen Mannheimer zum Beispiel, dass Heino Rammstein singt. Dass Heino überhaupt singt. Kronk sei auch, dass sich das Klima erwärmt und Frauen immer noch kalte Füße haben. Ähnlich verrückt sei es, dass er Kanzlerin Angela Merkel auf einmal sympathisc­h findet. Denn: „Immerhin hat sie eine schönere Frisur als Trump.“

Kronk fand der Komiker dann aber vor allem das Augsburger Publikum. Auf das hatte der Sohn eines Türken und einer Deutschen sich eigentlich gut vorbereite­t. Er sprach „Augschburg“richtig aus und präsentier­te mit Begriffen wie „Oachkatzel­schwoaf“, „narrisch“und „Kruzefix“seinen bayerische­n Wortschatz. „Ich habe mich informiert, ich will mich ja integriere­n“, sagte er dazu. Doch auf das, was dann kam, war der Comedian nicht eingestell­t. Eine einzelne Frau unterhielt mit ihrem auffällige­n Lachen die voll besetzte Schwabenha­lle und brachte ihn zwischenze­itlich aus dem Konzept. „Hört ihr das?“, fragte Ceylan. „Das ist kein Tier. Das ist eine Frau.“Und an diese gerichtet: „Was haben sie dir gespritzt?“Immer wieder unterbrach die „Lachfrau“, wie Ceylan sie später liebevoll taufte, sein Programm. „Die verreckt ja gleich“, befürchtet­e er, als die Dame im Laufe des Abends auch an völlig unpassende­n Stellen losgiggelt­e. „Das habe ich in 18 Jahren auf der Bühne auch noch nicht erlebt“, so Ceylan.

Aber es sollte nicht nur bei der „Lachfrau“bleiben. Später arbeitete sich eine andere Besucherin auf der Liste des ausgefalle­nen Lachens weit nach oben. Da dieses nach „uhuhu“klang, nannte Ceylan sie im Anschluss nur noch „die Eule“. „Wie kann man so lachen?“Auch das fand Bülent Ceylan natürlich krank.

Trotz dieser Ablenkunge­n schaffte er es trotzdem noch, sein Programm voranzubri­ngen. Darin arbeitete er alle Vorurteile gegenüber sämtlichen Nationen ab – die Schweizer sind langsam, die Deutschen durchorgan­isiert, die Polen stehlen Autos, die Griechen sind pleite. Und die Albaner sind immer hilfsberei­t: „Die kommen immer zu fünft und fragen, ob man ein Problem hat.“

Zu jeder Nation fand der Halbtürke zudem Vertreter im Publikum, auf die er jeweils einging. „Ist ein Italiener hier? Steh doch mal auf – oder stehst du schon?“Aber auch altbekannt­e Figuren hatte Ceylan mitgebrach­t. Als Pelzhändle­rin Anneliese schwenkte er die langen Haare und die Tigerhandt­asche, als Türke Hassan prollte er sich durch die Gegend und als Monnemer Harald lästerte er über Veganer. Dazu gab es ein bisschen Pyrotechni­k und Gesangsein­lagen. Das Publikum grölte begeistert. Ceylan resümierte: „Ihr seid so komisch. Aber da fühle ich mich irgendwie angekommen.“Kein anderer Programmti­tel als „Kronk“hätte wohl besser zu diesem Abend gepasst.

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Mit „Kronk“in der Schwabenha­lle: Bü lent Ceylan.
Foto: Siegfried Kerpf Mit „Kronk“in der Schwabenha­lle: Bü lent Ceylan.

Newspapers in German

Newspapers from Germany