Augsburger Allgemeine (Land West)
Echt krank, dieser Abend
Schwabenhalle Mit seinem aktuellen Programm „Kronk“ist Bülent Ceylan nach Augsburg gekommen. Dann bekommt die Show eine solch skurrile Eigendynamik, dass Ceylan immer wieder lachen muss und zwischendrin den Faden verliert
Unglaublich. Mit diesem Wort und einem Grinsen im Gesicht verließ Bülent Ceylan am Ende seines Auftritts die Bühne. Vor den Augsburgern zu spielen, hat dem 40-jährigen Komiker einiges abverlangt. „Wenn das Publikum so drauf ist wie ihr, muss viel improvisiert werden“, rief er zwischendurch in die Menge. „Wer das richtige Programm sehen will, muss sich wohl die DVD kaufen.“Denn immer wieder kam Ceylan von seinen einstudierten Gags ab. Immer wieder musste er seinen Tourbetreuer fragen, an welcher Textstelle er gerade war. Und immer wieder musste er selbst anfangen zu lachen. Kein Wunder also, dass der Comedian fast drei Stunden in der Schwabenhalle auf der Bühne stand.
Ceylan wollte den Augsburgern mit seinem Programm „Kronk“(kurpfälzisch für krank) erzählen, wie verrückt die Welt doch ist. Passend dafür ließ er sich am Anfang in der Zwangsjacke auf die Bühne fahren. Kronk ist laut dem gebürtigen Mannheimer zum Beispiel, dass Heino Rammstein singt. Dass Heino überhaupt singt. Kronk sei auch, dass sich das Klima erwärmt und Frauen immer noch kalte Füße haben. Ähnlich verrückt sei es, dass er Kanzlerin Angela Merkel auf einmal sympathisch findet. Denn: „Immerhin hat sie eine schönere Frisur als Trump.“
Kronk fand der Komiker dann aber vor allem das Augsburger Publikum. Auf das hatte der Sohn eines Türken und einer Deutschen sich eigentlich gut vorbereitet. Er sprach „Augschburg“richtig aus und präsentierte mit Begriffen wie „Oachkatzelschwoaf“, „narrisch“und „Kruzefix“seinen bayerischen Wortschatz. „Ich habe mich informiert, ich will mich ja integrieren“, sagte er dazu. Doch auf das, was dann kam, war der Comedian nicht eingestellt. Eine einzelne Frau unterhielt mit ihrem auffälligen Lachen die voll besetzte Schwabenhalle und brachte ihn zwischenzeitlich aus dem Konzept. „Hört ihr das?“, fragte Ceylan. „Das ist kein Tier. Das ist eine Frau.“Und an diese gerichtet: „Was haben sie dir gespritzt?“Immer wieder unterbrach die „Lachfrau“, wie Ceylan sie später liebevoll taufte, sein Programm. „Die verreckt ja gleich“, befürchtete er, als die Dame im Laufe des Abends auch an völlig unpassenden Stellen losgiggelte. „Das habe ich in 18 Jahren auf der Bühne auch noch nicht erlebt“, so Ceylan.
Aber es sollte nicht nur bei der „Lachfrau“bleiben. Später arbeitete sich eine andere Besucherin auf der Liste des ausgefallenen Lachens weit nach oben. Da dieses nach „uhuhu“klang, nannte Ceylan sie im Anschluss nur noch „die Eule“. „Wie kann man so lachen?“Auch das fand Bülent Ceylan natürlich krank.
Trotz dieser Ablenkungen schaffte er es trotzdem noch, sein Programm voranzubringen. Darin arbeitete er alle Vorurteile gegenüber sämtlichen Nationen ab – die Schweizer sind langsam, die Deutschen durchorganisiert, die Polen stehlen Autos, die Griechen sind pleite. Und die Albaner sind immer hilfsbereit: „Die kommen immer zu fünft und fragen, ob man ein Problem hat.“
Zu jeder Nation fand der Halbtürke zudem Vertreter im Publikum, auf die er jeweils einging. „Ist ein Italiener hier? Steh doch mal auf – oder stehst du schon?“Aber auch altbekannte Figuren hatte Ceylan mitgebracht. Als Pelzhändlerin Anneliese schwenkte er die langen Haare und die Tigerhandtasche, als Türke Hassan prollte er sich durch die Gegend und als Monnemer Harald lästerte er über Veganer. Dazu gab es ein bisschen Pyrotechnik und Gesangseinlagen. Das Publikum grölte begeistert. Ceylan resümierte: „Ihr seid so komisch. Aber da fühle ich mich irgendwie angekommen.“Kein anderer Programmtitel als „Kronk“hätte wohl besser zu diesem Abend gepasst.