Augsburger Allgemeine (Land West)
Worauf bei der Haussanierung zu achten ist
Bau Seit zehn Jahren bietet die Hochschule Augsburg den Studiengang „Energieeffizientes Planen und Bauen“an. Drei Professoren geben Tipps, wie man Gebäude am besten auf Vordermann bringt
Das Passivhaus galt lange als Vorzeigemodell für energieeffizientes Wohnen. Viele Fachleute sind inzwischen aber wieder davon abgerückt, sagt Georg Sahner, der Leiter des Studiengangs Energieeffizientes Planen und Bauen an der Hochschule Augsburg. „In Passivhäusern sind die Bewohner isoliert vom Wetter. Es gilt inzwischen als wichtig, die natürlichen Einflüsse wahrzunehmen und in den verschiedenen Bereichen des Hauses ein unterschiedliches Raumklima zu haben.“
Seit zehn Jahren bildet der Studiengang interdisziplinär Fachleute aus. Sie beschäftigen sich mit Architektur, Gebäudetechnik und Materialwissenschaften. Erklärtes Ziel des Studiengangs ist es, die Themen Nachhaltigkeit und architektonischen Anspruch zusammenzubringen. Und es gibt einen Unterschied zu vielen reinen Studiengängen der Architektur. Bestandsbauten spielen bei den Lehrinhalten eine wichtige Rolle, nicht nur Neubauten.
Im Auftrag von Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften erarbeiten die Studierenden auch Konzepte für Schulen und Häuser. „Teil der Aufgabe ist dabei auch, anschlie- ßend zu schauen, ob die Effekte wirklich wie berechnet eingetreten sind“, sagt Professor Joachim Müller, Fachmann für Baumaterialien. Die Absolventen sind unter anderem in Ingenieurbüros, beim Stromversorger Lechwerke und beim Autobauer BMW untergekommen. Bei Letzterem arbeiten sie in der Bauabteilung des Unternehmens. Vor allem, wenn das ganze Gebäude saniert werden soll, seien ihre Studenten die richtigen Ansprechpartner, sagen die Professoren. „Wer nur die Heizung erneuern will, kann sich vom Handwerker beraten lassen. Bei umfassenderen Maßnahmen sollte aber ein Ingenieur für die bauphysikalischen Berechnungen herangezogen werden“, betont Sahner.
Sein Kollege Professor Wolfgang Nowak verweist darauf, dass zuerst die Außenhülle betrachtet werden muss. „Welche Qualität hat das Mauerwerk, ist das Dach gedämmt und ist Außendämmung sinnvoll?“Erst wenn diese Fragen geklärt sind, sollte die Gebäudetechnik passend dazu installiert werden, damit die Heizungsanlage nicht zu klein oder zu groß dimensioniert wird. „Natürlich ist es in vielen Fällen auch eine Frage des Geldbeutels. Da gilt es Prioritäten zu setzen. Eine Solaranlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses kostet zum Beispiel relativ viel Geld, vielleicht gibt es günstigere Maßnahmen, die am Ende die gleiche Ersparnis bringen?“, so der Experte für Gebäudetechnik. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise die Innendämmung der Wände mit Calciumsilikat. Der Baustoff gibt die aufgenommene Feuchtigkeit viel besser als Zementputz wieder ab, so Sahner.
Ziel aller Maßnahmen sei es, ein „hohes Wohlbefinden“für die Bewohner zu erreichen, erläutert der Professor. Dabei spiele auch die Frage eine Rolle, wie in der Luft enthaltene Schadstoffe am besten abtransportiert werden können. Wichtig sei außerdem die vorherrschende Windrichtung in der Region, in der das Gebäude steht. Werde diese beim Bau berücksichtigt, sei das Raumklima besser.
Aus Sicht von Nowak gewinnen Lüftungssysteme immer mehr an Bedeutung. „Einmal morgens und abends zu lüften reicht nicht, um Schadstoffe und Feuchtigkeit aus dem Haus zu bekommen. Untertags sind aber viele Menschen nicht daheim. Da ist ein technisch unterstützter permanenter Luftaustausch sinnvoll.“Mit einem Wärmetauscher könne der Abluft zudem Wärme entzogen und wieder genutzt werden. Die Stromkosten dafür seien überschaubar und die Filter der Lüftung müssten nur ein- oder zweimal im Jahr getauscht werden, verweist Nowak.
Bei der Frage, wie der Energiebedarf von Häusern am besten gedeckt werden kann, habe es in den vergangenen Jahren ein Umdenken gegeben, so die Professoren. Früher sei es darum gegangen, die Häuser so auszurüsten, dass sie möglichst unabhängig von externen Energiequellen versorgt werden konnten. Heute gehe es um intelligente Wärmeund Elektronetze. Durch die Speicherung und entsprechendes Netzmanagement soll die im Sommer gewonnene Wärme möglichst bis in den Winter hinein reichen. Ein Ansatz dabei ist, die Gebäude in den Dörfern oder Stadtquartieren miteinander zu vernetzen, sodass die Überschüsse und Bedarfe auf kurzem Weg zusammengebracht werden können.