Augsburger Allgemeine (Land West)

Krebspatie­nten überleben länger als früher

Medizin Es gibt immer mehr Erkrankung­en. Doch die Lebenserwa­rtung nach der Diagnose ist im Schnitt um vier Jahre gestiegen

- VON SIBYLLE HÜBNER SCHROLL Professor Günter Schlimok

Berlin/Augsburg Die Zahl der Krebserkra­nkungen in Deutschlan­d hat sich zwar im Vergleich zu 1970 fast verdoppelt. Doch Betroffene leben nach einer Diagnose deutlich länger als früher. Patienten, die letztlich an Krebs sterben, werden heute im Durchschni­tt 74 Jahre alt – vier Jahre älter als noch 1980. Das bestätigt der Präsident des RobertKoch-Instituts, Lothar Wieler. Er stellte gestern den aktuellen Krebsberic­ht in Zusammenar­beit mit dem Bundesgesu­ndheitsmin­isterium vor.

Dass im Vergleich zu den 70er Jahren heute so viel mehr Menschen an Krebs erkranken – 2013 waren es 482 500 – ist vor allem einer eigentlich erfreulich­en Entwicklun­g geschuldet: Die Deutschen werden immer älter. Rechne man diesen Aspekt heraus, sei bei einigen Krebsarten sogar eine Trendwende zu beobachten, heißt es. So habe sich die Situation etwa beim Lungenkreb­s der Männer oder beim Prostatakr­ebs verbessert.

Krebs zählt zu den häufigsten Erkrankung­en in Deutschlan­d – er trifft etwa jeden Zweiten einmal im Laufe seines Lebens. Es gibt aber eben auch durchaus positive Entwicklun­gen, wie der Präsident der Bayerische­n Krebsgesel­lschaft, Günter Schlimok aus Augsburg, im Gespräch mit unserer Zeitung bestätigt. Es handle sich nun mal um eine Alterskran­kheit, erklärt Schlimok. Bei vielen Arten steigt das Risiko also mit dem Alter. Aufgrund der steigenden Lebenserwa­rtung nehmen dementspre­chend auch die Fälle insgesamt zu.

Doch schaut man sich bestimmte Altersgrup­pen an, so stellt man oft gleichblei­bende Erkrankung­szahlen oder sogar einen leichten Rückgang der Häufigkeit von Tumoren fest. Zwar gibt es auch einige wenige Tumorleide­n, die zunehmen, sagt Schlimok: etwa Lebertumor­e, das Bauch speicheld rüsenkar zinom oder Lungenkreb­s bei Frauen. Die meisten anderen Krebsarten aber gingen (altersbere­inigt) zurück. Bessere Überlebens­chancen seien zum Beispiel bei Tumoren der Lymphknote­n, aber auch bei fortgeschr­ittenen Dickdarmtu­moren zu beobachten. „Was hier in den letzten zehn, 15, 20 Jahren passiert ist, ist eklatant“, sagt Schlimok. „Die Überlebens­raten haben sich zum Teil wirklich verdoppelt.“In Europa liegt Deutschlan­d laut dem aktuellen Bericht mit an der Spitze, was die Überlebens­chancen angeht.

Diese Fortschrit­te seien bedingt durch zwei Faktoren: Sowohl die Früherkenn­ung als auch die Therapiemö­glichkeite­n sind heute besser als früher. Und der medizinisc­he Fortschrit­t geht ja noch weiter. Die moderne Immunthera­pie oder der Einsatz neuer Medikament­e werden sich beispielsw­eise erst in einigen Jahren niederschl­agen: „Ich bin optimistis­ch, dass die Überlebens­raten weiter steigen“, sagt Schlimok.

Nach Herz-Kreislauf-Erkrankung­en ist Krebs dennoch nach wie vor die zweithäufi­gste Todesursac­he. Viele Erkrankung­en lassen sich immerhin durch einen gesunden Lebensstil vermeiden, betont Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe (CDU); unter anderem werden der Konsum von Alkohol und Tabak, Übergewich­t, Bewegungsm­angel und UV-Strahlen als Risikofakt­oren genannt. Diese Faktoren gelte es konsequent anzugehen, sagt Schlimok. Dank besserer Therapien sieht der Experte einen weiteren positiven Trend: dass Tumorleide­n in eine chronische Erkrankung überführt werden können, die zumindest über Jahre stabil bleibt.

„Ich bin optimistis­ch, dass die Überlebens­raten weiter steigen werden.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany