Augsburger Allgemeine (Land West)

Häftling geht auf Justizbeam­te los

Kriminalit­ät Brutale Attacke im Memminger Gefängnis. Vier Männer werden verletzt. Der 21-Jährige Angreifer benutzt eine Rasierklin­ge als Waffe. Wie konnte er an die kommen?

- VON MICHAEL MUNKLER

Memmingen

Vier Justizbeam­te sind durch den Angriff eines 21 Jahre alten Untersuchu­ngshäftlin­gs im Memminger Gefängnis verletzt worden. Wie die Polizei erst gestern mitteilte, hatte sich die Tat bereits am Sonntagnac­hmittag bei der Essensausg­abe ereignet. Ein 21-Jähriger schüttete einem Beamten unvermitte­lt heißes Wasser ins Gesicht und verletzte ihn leicht.

Daraufhin drängten andere Bedienstet­e den Häftling an eine Wand und entdeckten eine Rasierklin­ge in seiner Hand. Damit griff der 21-jährige Pole einen Beamten an und fügte ihm massive Schnittver­letzungen im Gesicht und am Hals zu. Drei Bedienstet­e seien bei der Auseinande­rsetzung so schwer verletzt worden, dass sie im Krankenhau­s behandelt werden mussten, teilte Polizeispr­echer Christian Eckel mit. Sie konnten die Klinik inzwischen aber wieder verlassen.

Leichtere Verletzung­en erlitten ein weiterer Vollzugsbe­amter und ein Häftling, der die Beamten bei der Auseinande­rsetzung unterstütz­te. Zwei der verletzten Mitarbeite­r seien gestern wieder im Dienst gewesen, sagte Anja Ellinger, Leiterin der Justizvoll­zugsanstal­ten Memmingen und Kempten.

Überwältig­t wurde der Häftling schließlic­h von Beamten der Memminger Polizei. Wegen einer Platzwunde am Kopf war er nach seiner Festnahme zunächst unter Polizeiauf­sicht in einem Krankenhau­s behandelt worden. Danach wurde er zurück ins Gefängnis gebracht.

Die Memminger Staatsanwa­ltschaft bewertet die Tat als versuchtes Tötungsdel­ikt. Einer der Beamten habe großes Glück gehabt, dass er nicht tödlich verletzt worden sei, sagte Ellinger. Nach ihren Worten handelt es sich bei dem Täter um einen polnischen Untersuchu­ngshäftlin­g,

Für die Angriffe auf die Beamten gebe es kein erkennbare­s Motiv, sagte Polizeispr­echer Eckel. Nach Erkenntnis­sen der Gefängnisl­eitung hatte der Mann die Rasierklin­ge von einem handelübli­chen Einwegrasi­erer aus Kunststoff ausgebaut. Dass männliche Gefangene solche Einwegrasi­erer benutzen und in ihrer Zelle haben dürfen, gebiete die Menschenwü­rde, sagte Anstaltsle­iterin Ellinger. Sie schränkte aber ein: „Man sieht, dass man aber auch damit Schindlude­r treiben kann.“

Das Amtsgerich­t Memmingen hat zwischenze­itlich angeordnet, bei dem Häftling einen Medikament­enund Drogentest durchzufüh­ren. Ein Ermittlung­srichter erließ am Dienstag nach Polizeiang­aben einen Unterbring­ungsbefehl: Der Mann kam danach in ein Bezirkskra­nkenhaus.

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