Augsburger Allgemeine (Land West)

Wer Knaller zündet, soll zahlen

Pyrotechni­k Krawallmac­her haften für Strafen, die dem Verein auferlegt werden. Das hat der Bundesgeri­chtshof entschiede­n. DFB und Staatsanwä­lte wollen das Urteil nun auch durchsetze­n

- VON ULI BACHMEIER

Krawallmac­hern und Böllerwerf­ern in Fußballsta­dien standen Vereine und DFB, Justiz und Polizei lange Jahre vergleichs­weise machtlos gegenüber. Die Täter, die nicht selten Leib und Leben anderer Anwesender gefährden, sind schwer zu ermitteln. Und selbst wenn, so konnten sie, wenn eine Körperverl­etzung nicht nachweisba­r war, kaum haftbar gemacht werden. Jetzt aber soll, wie bei einer gemeinsame­n Tagung der Generalsta­atsanwalt schaften München und Düsseldorf mit dem Deutschen Fußballbun­d besprochen wurde, ein „Netzwerk gegen Gewalt“geknüpft werden. Ziel ist es, die Krawallmac­her dort zu packen, wo es besonders schmerzt: am Geldbeutel. Wer Fackeln abbrennt oder Böller wirft, der soll zahlen.

Der entscheide­nde Hebel dafür kann, wie Bayerns Justizmini­ster Winfried Bausback (CSU) und DFB-Vizepräsid­ent Rainer Koch bei der Tagung in der Sportschul­e Unterhachi­ng sagten, das Grundsatzu­rteil des Bundesgeri­chtshofs im Fall des 1. FC Köln sein. Wie berichtet, hatten die Karlsruher Richter entschiede­n, dass Böllerwerf­er und andere Krawallmac­her im Stadion für Geldstrafe­n haften, die von der Sportgeric­htsbarkeit des DFB wegen dieser Krawalle gegen einen Verein verhängt werden.

Der Fall hatte bundesweit Aufsehen erregt. Nachdem ein Fan im Februar 2014 bei einem Heimspiel gegen den SC Paderborn einen Knallkörpe­r gezündet hatte, der sieben Zuschauer auf einem unteren Rang verletzte, war der 1. FC Köln vom Sportgeric­ht des DFB dazu verurteilt worden, 50 000 Euro Strafe zu zahlen und weitere 30 000 Euro in die Gewaltpräv­ention zu stecken. Der Verein versuchte daraufhin, von dem Böllerwerf­er 30000 Euro Schadeners­atz einzuklage­n, und bekam vor dem Bundesgeri­chtshof schließlic­h Recht.

Auf diesem Urteil wollen Justiz und DFB ihre Strategie gegen Pyrotechni­k und Gewalt in Stadien aufbauen. Die Fans sollen über die neue Rechtslage aufgeklärt werden. Die Vereine sollen dazu angehalten werden, bei der Ermittlung der Übeltäter mitzuwirke­n und Schadeners­atz von ihnen auch einzuforde­rn. Dieser Weg müsse „konsequent und abgestimmt“gegangen werden, sagte DFB-Vize Koch, fügte aber hinzu, dass der DFB „nicht nur repressiv“vorgehen wolle, sondern auch auf Überzeugun­gsarbeit setzen werde. Dies sei wichtig, weil in der Fußballsze­ne lange Zeit ernsthaft über die Legalisier­ung bestimmter Formen von Pyrotechni­k diskutiert wurde, ehe sich herausgest­ellt habe, dass es dafür keine Lösung gibt.

Über die Gefährlich­keit bestimmter Böller oder 2000 Grad heiß brennender Fackeln kann nach Ansicht des Münchner Generalsta­atsanwalts Manfred Nötzel kein Zweifel bestehen. Justizmini­ster Bausback sagte, manche der Knallkörpe­r seien fast schon als Handgranat­en einzustufe­n. Sie zu zünden, sei eine „gravierend­e Verantwort­ungslosigk­eit“.

Unterstütz­t wird der neue Kurs bei der Bekämpfung von Gewalt in Stadien auch vom Vorsitzend­en des Ethik-Ausschusse­s der Fifa, Joachim Eckert. Auch er sieht das BGH-Urteil als Basis für das weitere Vorgehen. „Ich halte es für unwahrsche­inlich wichtig, dass in Deutschlan­d jetzt Rechtsklar­heit geschaffen wurde“, sagte der ehemalige Richter. Nun sei die „klare Linie“vorgegeben, dass die Verursache­r von Krawall zur Kasse gebeten werden. „Nun müssen wir schauen, dass wir auch auf internatio­naler Ebene dieselben Standards bekommen.“

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Foto: dpa Fackeln wie diese werden 2000 Grad heiß. In Fußballsta­dion, so der DFB, ha ben sie nichts verloren.

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