Augsburger Allgemeine (Land West)

Ende eines Höhenflugs

Turnen Kim Janas galt als eines der größten Talente des Landes. Nach drei Kreuzbandr­issen muss die Hoffnungst­rägerin nun bereits im Alter von 16 Jahren ihre Karriere beenden

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Berlin

Tagelang hat sich Kim Janas gequält und sich die Entscheidu­ng wahrlich nicht leicht gemacht. Nun zieht die Zehntkläss­lerin einen Schlussstr­ich unter eine nicht vollendete Turn-Karriere: Nach vielen, teils sehr schweren Verletzung­en bleiben für sie viele sportliche Träume unerfüllt.

Als die bittere Diagnose feststand, war Janas tapfer. Der dritte Kreuzbandr­iss beendet jäh eine verheißung­svolle Turn-Laufbahn. Eine Teilruptur des vorderen Kreuzbande­s am rechten Knie macht die Fortsetzun­g unmöglich. „Es wird nicht leicht für mich, das Turnen zurückzula­ssen, aber für mich und meinen Körper ist es einfach besser so“, erklärte die 16-Jährige. Ihre Knie halten den Anforderun­gen des Hochleistu­ngssports nicht mehr stand. Früh endet, was eine Erfolgsges­chichte hätte werden können.

„Ich bin zu dem Entschluss gekommen, meiner Gesundheit jetzt den Vorrang zu lassen und dem Turnen und mir eine Auszeit zu geben“, teilte Janas kurz vor ihrem 17. Geburtstag (3. Dezember) auf Facebook mit. „Ich habe lange darüber nachgedach­t und auch viele Gespräche geführt. Mir ist diese Entscheidu­ng nicht leicht gefallen. Es wird nicht gerade eine einfache Zeit.“

Vor gut einer Woche war sie mit dick bandagiert­em Knie durch die Lausitz-Arena von Cottbus gehumpelt, der Schmerz stand ihr ins Gesicht geschriebe­n. Bei einer Landung zog sie sich eine Stauchung des Knies zu. Die nahezu perfekte Übung am Stufenbarr­en zuvor beim Weltcup sollte die letzte Turnübung in der Karriere des größten deutschen Talents seit Fabian Hambüchen bleiben.

Was folgte, waren MRT-Untersuchu­ngen in der Berliner Charité und nach Abschwelle­n des dicken Knies auch genauere Untersuchu­ngen am Olympiastü­tzpunkt in Stuttgart.

Doch schon vor der erneuten Diagnose Kreuzbandr­iss habe die Ent- der jungen Turnerin festgestan­den, verriet Cheftraine­rin Ulla Koch. „Ich habe höchsten Respekt vor Kim, dass sie in ihrem Alter eine solche Entscheidu­ng trifft. Man hätte das jetzt alles noch hinauszöge­rn können, aber es hätte nichts gebracht“, sagte die „Chefin“und würdigte, dass Janas diese Entscheidu­ng nicht anderen überlassen hatte, sondern selbst bestimmte, der von Verletzung­en geprägten Laufbahn ein Ende zu setzen.

Natürlich bedauert Koch das frühe Karriere-Aus. „Das ist unglaublic­h bitter. Aber ihr Körper hält diesen Belastunge­n nicht stand.“Der Rücktritt sei ein herber Verlust für das deutsche Turnen. „Aber es ist im Sinne ihrer Gesundheit. Wir stehen hinter der Entscheidu­ng von Kim und akzeptiere­n diese voll und ganz, denn die Gesundheit hat immer Vorrang“, sagte Koch.

Schon im Schüleralt­er hatte Janas Meistertit­el in Serie eingefahre­n, 13 von möglichen 15 deutschen Meistertit­eln zwischen 2011 und 2013 gewonnen. Sie turnte schwierige­r und sauberer als viele Seniorinne­n. Doch dann begannen die Probleme: 2013 erlitt sie den ersten Kreuzbandr­iss im rechten Knie, kaum zwei Jahre später lag sie 2015 bei der EM in Montpellie­r mit schmerzver­zerrtem Gesicht neben dem Schwebebal­ken. Einige Wochen später wurde ein erneuter Kreuzbandr­iss – diesmal im linken Knie – festgestel­lt. Im Februar verletzte sich Janas am linken Ellenbogen. Und erst vor acht Wochen beklagte die Hoffscheid­ung nungsträge­rin einen Kapselriss im rechten Knie.

Der bis zum Montag stets geäußerte Traum vom Olympiasie­g ist für Kim Janas nun plötzlich ausgeträum­t. Nach dem Ende der zehnten Klasse wird Janas, die momentan in Stuttgart lebt, wieder in ihre Heimatstad­t Halle/Saale wechseln und dort zunächst das Abitur ablegen.

„Turnen ist und wird auch immer mein Leben und Teil meines Leben bleiben. Ich werde es nie ganz aufgeben können und wollen, dafür habe ich diesen Sport zu sehr gelebt und geliebt“, sagte Janas. Sie werde auf jeden Fall dem Turnen treu bleiben. „Vielleicht beginne ich eine Trainerkar­riere oder mache vielleicht auch den Kampfricht­erschein“, kündigte sie an.

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Foto: Patrick Pleul/dpa Sie turnte schon als Jugendlich­e besser als viele Seniorinne­n, doch der Körper machte nicht mit: Kim Janas hat mit 16 Jahren ihre Karriere beendet.

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