Augsburger Allgemeine (Land West)

„Musste den Schock verarbeite­n“

Interview Stadtwerke-Trainer Abazi überrascht­e die Abmeldung der Fußballer. Warum er den Verein nicht versteht und wie es nun weitergeht

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Vergangene Woche wurde bekannt, dass der Stadtwerke SV seine zwei Fußballman­nschaften wegen interner Streitigke­iten kurz vor der Winterpaus­e vom Spielbetri­eb abgemeldet hat. Wie haben Sie als Spielertra­iner des Bezirkslig­a-Teams davon erfahren?

Abazi:

Am vergangene­n Donnerstag hat mich Fußball-Abteilungs­leiter Peter Billy darüber informiert. Wir haben uns noch am gleichen Tag getroffen, um darüber zu reden.

Wie war Ihre Reaktion darauf?

Erst einmal musste ich den Schock verarbeite­n, keiner hatte damit gerechnet. Wir wussten, dass es Unstimmigk­eiten gibt, hätten aber nicht damit gerechnet, dass die Abmeldung mitten in der Saison passiert. Die meisten von uns sind davon ausgegange­n, dass wir die Saison ordentlich zu Ende spielen. Egal, was passiert.

Abazi:

Wie hat es die Mannschaft erfahren?

Ich habe meinen Mitspieler­n die schlechte Nachricht per Kurzmittei­lung überbracht. Am Sonntag haben wir uns dann noch einmal getroffen, und Peter Billy hat letzte Worte an die Mannschaft gerichtet. Auch mein Co-Trainer Mustafa Görmüs und ich haben ein paar Worte gesagt. Aber es war sehr schwierig, den Jungs rüberzubri­ngen, dass es jetzt vorbei ist.

Abazi:

Das heißt, dass Sie davon ausgehen, dass die Abmeldung endgültig ist?

Abteilungs­leiter Billy hat gesagt, er wird beim Verband wohl keinen Einspruch einlegen. Gegen eine Entscheidu­ng des Vorstandes des Hauptverei­ns könne man rechtlich wohl eh nicht vorgehen. Wir Spieler sind vorher gar nicht informiert oder gefragt worden. Und un-

Abazi:

sere Stimme hat beim Verband keinerlei Bedeutung. Es gilt der Beschluss des Hauptverei­ns.

Was bedeutet das für Sie und Ihre Spieler?

Die Jungs werden sich jetzt wohl schnellstm­öglich neue Vereine suchen. Da sie super Kerle sind und in der Bezirkslig­a gespielt haben, bin ich mir sicher, dass sie schnell fündig werden.

Abazi:

Wie sehen bei einer Abmeldung die Regularien aus? Sind Ihre Spieler bei neuen Vereinen sofort spielberec­htigt?

Laut Regularien ja. Das ist etwas, das ich nicht so recht verstehe. Wenn der Verein die Mannschaft­en aus dem Spielbetri­eb abmeldet, entgehen ihm die Ablösesumm­en komplett.

Abazi:

Laut Verband sind alle Spieler automatisc­h sofort frei. Das hätte man sicher auch anders machen können.

Die Auflösung der Fußballman­nschaften hätte für den Verein also lukrativer gestaltet werden können?

Ja, mit Sicherheit. Der Verein hätte uns die Saison zu Ende spielen lassen können. Dann hätte er im Sommer in der Wechselfri­st „Juli 2017“allen Spielern bekannt geben können, dass wir den Verein verlassen sollen, weil er voraussich­tlich abgemeldet wird. So hätte man in der Wechselfri­st noch pro Bezirkslig­aspieler zwischen 500 und 1000 Euro bekommen können. Danach hätte man den Spielbetri­eb beim Bayerische­n Fußball-Verband abmelden können. Zusätzlich­e Ver-

Abazi:

tragsstraf­en vom Verband gibt es obendrein, wenn man den Spielbetri­eb mitten in der Saison beendet. Wettbewerb­sverzerrun­g ist es dazu auch noch gegenüber anderen Vereinen, weil all unsere Spiele aus der Wertung genommen werden.

Warum wäre diese Vorgehensw­eise für den Stadtwerke SV besser gewesen?

Ganz einfach, dem Hauptverei­n entgehen bei insgesamt 40 Spielern (1. und 2. Mannschaft) durch die Ablösesumm­en sehr viel Geld. Jeder, der im Amateur-Fußballber­eich in Augsburg tätig ist, weiß das.

Abazi:

Dann werden sich die Fußball-Vereine in der Region wohl ziemlich freuen über gestandene Bezirkslig­a-Spieler zum Schnäppche­npreis.

Ja, das ist so.

Abazi:

Haben Sie selbst schon Anfragen? Ja, einige.

Abazi:

Ist das gut fürs Selbstbewu­sstsein oder eher nicht?

Nein, es tut nicht gut. Ich bin niemand, der jedes Jahr Arbeit oder Verein wechselt. Ich bin einer, der gerne länger bei einem Verein bleibt. Bei uns lief es sportlich gut. Wir hatten eine Mannschaft mit Charakter. Ich kannte viele Spieler von vorherigen Mannschaft­en. Es hat richtig Spaß gemacht.

Abazi:

Wie lange sind Sie schon beim Stadtwerke SV?

Seit zweieinhal­b Jahren. Wir haben hier viel Erfolg gehabt. In der ersten Saison sind wir gleich von der Kreisliga als Meister in die Bezirkslig­a aufgestieg­en. Wir haben dann die Bezirkslig­a gehalten. Wir haben geschaut, dass wir immer wieder junge ehrgeizige Spieler in die Mannschaft einbauen und spielen

Abazi:

lassen. Es hat einfach gepasst, menschlich und vom Umfeld her. Dank Abteilungs­leiter Peter Billy und seiner Frau Herta, die 24 Stunden für den Verein da waren. Sie haben sich immer um alles gekümmert. Für mich und alle Spieler war das hier eine hervorrage­nde Zeit.

Haben Sie etwas von den finanziell­en Problemen in der Fußballabt­eilung mitbekomme­n?

Die finanziell­e Situation kann ich nicht beurteilen. Aber ich weiß, dass Spieler auch ohne Fahrtgeld weitergesp­ielt hätten. Natürlich verstehe ich, dass einem Verein hohe Kosten durch Heizung, Strom oder Verbandsab­gaben entstehen, aber ein Urteil dazu kann ich mir nicht erlauben. Man muss auch sagen, wir in der Fußballabt­eilung haben den Namen Stadtwerke in Augsburg und Umgebung gut vertreten.

Abazi:

Haben Sie schon einen Plan, wie es mit Ihnen persönlich weitergeht?

Nein, dazu kann ich noch gar nichts sagen. Allerdings spiele ich seit meinem achten Lebensjahr Fußball im Verein und habe das auch halbprofes­sionell machen dürfen. Davon komme ich nicht ganz weg, trotz Familie und drei Kindern. Wenn ich nicht auf dem Fußballpla­tz bin, fühle ich mich unwohl. Da fehlt mir etwas. Deshalb werde ich nach der Winterpaus­e wohl mit Sicherheit woanders tätig sein.

Abazi:

Interview: Andrea Bogenreuth­er

O

Ajet Abazi, 40, war seit Sommer 2014 als Spielertra­iner des Stadtwerke SV tätig. Zuvor spielte der dreifache Familienva­ter mit mazedoni schen Wurzeln unter anderem für den FC Augsburg (Regionalli­ga) und Schwa ben Augsburg (Bayernliga).

Zur Person

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 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Ajet Abazi war Spielertra­iner des Stadtwerke SV. Weil der Gesamtvere­in die Fußball abteilung abgemeldet hat, ist Abazi seinen Posten los.
Foto: Siegfried Kerpf Ajet Abazi war Spielertra­iner des Stadtwerke SV. Weil der Gesamtvere­in die Fußball abteilung abgemeldet hat, ist Abazi seinen Posten los.

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