Augsburger Allgemeine (Land West)

Zwischen Emotion und Elektronik

Neuvorstel­lung Der dynamische 5er-BMW steht wie eh und je für gehobenen Fahrspaß. Aber schafft er den Spagat zur Digitalisi­erung?

- VON THOMAS GEIGER

Sollen sie in Stuttgart ruhig die intelligen­teste Business-Class-Limousine der Welt bauen. Wenn BMW am 11. Februar zu Preisen ab 45 200 Euro den neuen Fünfer in den Handel bringt, wollen die Bayern mit einer Tugend zurückschl­agen, die in Zeiten der Digitalisi­erung ein bisschen in Vergessenh­eit geraten ist: Fahrspaß.

Denn seit BMW vor 45 Jahren, sechs Generation­en und acht Millionen Zulassunge­n den ersten Fünfer vom Stapel gelassen hat, steht die Limousine wie keine andere für den Spagat zwischen Sport und Luxus, sagt Vertriebsc­hef Ian Robertson. Projektlei­ter Johann Kistler wird noch konkreter und kontert die Mercedes-Initiative für Intelligen­z und Autonomie mit der „dynamischs­ten Limousine ihrer Klasse“. Dass dies keine leere Versprechu­ng ist, merkt man bei der ersten Ausfahrt schon nach zwei, drei Kurven. Nagelneue Achsen, eine neue Lenkung und eine weiter perfektion­ierte Federung in verschiede­nen Konfigurat­ionen mit oder ohne Verstelldä­mpfern, eine Hinterradl­enkung und eine um bis zu 100 Kilo abgespeckt­e Konstrukti­on machen den Münchner tatsächlic­h zum neuen Maßstab für Fahrdynami­k in diesem Segment: Er fühlt sich engagierte­r und lebendiger an, bindet den Fahrer besser ins Geschehen ein und macht in Kurven deutlich mehr Laune als die neue E-Klasse oder der alte A6.

Wer zwischen zwei Terminen mal einen Abstecher auf die Landstraße macht, erlebt die BusinessLi­mousine deshalb als engagierte­n der sich erfrischen­d aufgeweckt die Ideallinie entlanghan­gelt. Und wer im Dienst am Unternehme­n eifrig Kilometer frisst, der kann dabei jetzt besser entspannen. Denn der Fünfer federt im Komfortmod­us nicht nur wolkenweic­h. Sondern er ist dabei auch noch so leise, dass man Diesel oder Benziner nur beim Blick auf den Drehzahlme­sser auseinande­rhalten kann.

Was man nicht mehr hören, aber umso mehr fühlen kann, das sind zur Markteinfü­hrung zunächst je zwei Benzin- und zwei Dieselmoto­ren, die trotz teilweise deutlich mehr Leistung um bis zu 13 Prozent sparsamer geworden sind. An der Basis steht der 520d (Daten siehe Kasten). Darüber rangiert als zweiter Diesel und erster Sechszylin­der der mindestens 54300 Euro teure 530d mit drei Litern Hubraum, 265 PS und den standesgem­äßen 250 km/h Spitze.

Wo die Diesel den Erwartunge­n entspreche­n, müssen sich die Freunde des Benziners auf eine Enttäuschu­ng gefasst machen. Dort geht es für Preise ab 49 800 Euro zunächst mit einem 252 PS starken 530i los, der jetzt nur noch vier Zylinder und zwei Liter Hubraum hat. Wer wirklich den klassische­n Reihensech­ser will, muss schon zum 540i greifen, bekommt dann aber für mindestens 57 700 Euro auch stolze 340 PS. Die Variantenz­ahl wird schon bald immens weiter wachsen: BMW bringt den 5er mit Heck- oder Allradantr­ieb, einem halben Dutzend Fahrwerksk­onfiguSpor­tler, rationen und Motoren vom Vier- bis zum Achtzylind­er sowie mit einem PlugIn-Hybrid. Und dann kommen im Lauf des Jahres noch der Kombi und der Nachfolger für den GT.

Zwar hüten die Entwickler die Freude am Fahren wie einen heiligen Gral und tun sich vielleicht deshalb mit der Autonomie der Assistenzs­ysteme etwas schwerer als zum Beispiel die Kollegen in Stuttgart. Nicht umsonst ist etwa der neue, automatisi­erte Spurwechse­l so komplizier­t, dass man ihn lieber gleich selbst erledigt. Doch bei aller Emotion ist der Siegeszug der Elektronik im Fünfer nicht aufzuhalte­n. Das gilt unsichtbar für Systeme, die zum Beispiel die Start-Stopp-Automatik abschalten, wenn man an einen Kreisverke­hr rollt, oder automatisc­h die Sitzheizun­g aktivieren, wenn eine bestimmte Außentempe­ratur unterschri­tten wird.

Obwohl einem das Cockpit genauso wie das Design des Fünfers verdächtig vertraut vorkommt, ist hier tatsächlic­h alles um Lichtjahre weiter: Hinter dem Lenkrad flimmert ein digitales Display, der größere Navi-Monitor daneben ist jetzt endlich ein Touchscree­n und selbst die Klimaanlag­e regelt man jetzt mit einem Fingerstri­ch über die kleine Glasblende. Außerdem erkennt der Fünfer wie der Siebener eine handvoll Gesten und lässt sich vom Fahrer auch in beinahe freien Dialogen herumkomma­ndieren.

So gut der neue Fünfer auch fährt, so stimmig er aussieht, so imposant seine Assistenzs­ysteme sind, so sehr man sich über Navi und LED-Scheinwerf­er in Serie freut und so viel Eindruck er mit seinem Anzeige- und Bedienkonz­ept oder seiner Konnektivi­tät schindet, so wenig darf man sich von diesem Auto echten Fortschrit­t vorgaukeln lassen. Denn große Sprünge hat BMW damit nicht gemacht. Der Vorgänger war schon gut und der Neue ist einfach noch mal ein kleines bisschen besser.

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Fotos: BMW Verdächtig vertraut: Die Designer haben den 5er BMW nicht gerade neu erfunden. Warum auch?
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Strammer Bayer: Der beliebte 530d leis tet jetzt 265 PS.

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