Augsburger Allgemeine (Land West)
Zwischen Emotion und Elektronik
Neuvorstellung Der dynamische 5er-BMW steht wie eh und je für gehobenen Fahrspaß. Aber schafft er den Spagat zur Digitalisierung?
Sollen sie in Stuttgart ruhig die intelligenteste Business-Class-Limousine der Welt bauen. Wenn BMW am 11. Februar zu Preisen ab 45 200 Euro den neuen Fünfer in den Handel bringt, wollen die Bayern mit einer Tugend zurückschlagen, die in Zeiten der Digitalisierung ein bisschen in Vergessenheit geraten ist: Fahrspaß.
Denn seit BMW vor 45 Jahren, sechs Generationen und acht Millionen Zulassungen den ersten Fünfer vom Stapel gelassen hat, steht die Limousine wie keine andere für den Spagat zwischen Sport und Luxus, sagt Vertriebschef Ian Robertson. Projektleiter Johann Kistler wird noch konkreter und kontert die Mercedes-Initiative für Intelligenz und Autonomie mit der „dynamischsten Limousine ihrer Klasse“. Dass dies keine leere Versprechung ist, merkt man bei der ersten Ausfahrt schon nach zwei, drei Kurven. Nagelneue Achsen, eine neue Lenkung und eine weiter perfektionierte Federung in verschiedenen Konfigurationen mit oder ohne Verstelldämpfern, eine Hinterradlenkung und eine um bis zu 100 Kilo abgespeckte Konstruktion machen den Münchner tatsächlich zum neuen Maßstab für Fahrdynamik in diesem Segment: Er fühlt sich engagierter und lebendiger an, bindet den Fahrer besser ins Geschehen ein und macht in Kurven deutlich mehr Laune als die neue E-Klasse oder der alte A6.
Wer zwischen zwei Terminen mal einen Abstecher auf die Landstraße macht, erlebt die BusinessLimousine deshalb als engagierten der sich erfrischend aufgeweckt die Ideallinie entlanghangelt. Und wer im Dienst am Unternehmen eifrig Kilometer frisst, der kann dabei jetzt besser entspannen. Denn der Fünfer federt im Komfortmodus nicht nur wolkenweich. Sondern er ist dabei auch noch so leise, dass man Diesel oder Benziner nur beim Blick auf den Drehzahlmesser auseinanderhalten kann.
Was man nicht mehr hören, aber umso mehr fühlen kann, das sind zur Markteinführung zunächst je zwei Benzin- und zwei Dieselmotoren, die trotz teilweise deutlich mehr Leistung um bis zu 13 Prozent sparsamer geworden sind. An der Basis steht der 520d (Daten siehe Kasten). Darüber rangiert als zweiter Diesel und erster Sechszylinder der mindestens 54300 Euro teure 530d mit drei Litern Hubraum, 265 PS und den standesgemäßen 250 km/h Spitze.
Wo die Diesel den Erwartungen entsprechen, müssen sich die Freunde des Benziners auf eine Enttäuschung gefasst machen. Dort geht es für Preise ab 49 800 Euro zunächst mit einem 252 PS starken 530i los, der jetzt nur noch vier Zylinder und zwei Liter Hubraum hat. Wer wirklich den klassischen Reihensechser will, muss schon zum 540i greifen, bekommt dann aber für mindestens 57 700 Euro auch stolze 340 PS. Die Variantenzahl wird schon bald immens weiter wachsen: BMW bringt den 5er mit Heck- oder Allradantrieb, einem halben Dutzend FahrwerkskonfiguSportler, rationen und Motoren vom Vier- bis zum Achtzylinder sowie mit einem PlugIn-Hybrid. Und dann kommen im Lauf des Jahres noch der Kombi und der Nachfolger für den GT.
Zwar hüten die Entwickler die Freude am Fahren wie einen heiligen Gral und tun sich vielleicht deshalb mit der Autonomie der Assistenzsysteme etwas schwerer als zum Beispiel die Kollegen in Stuttgart. Nicht umsonst ist etwa der neue, automatisierte Spurwechsel so kompliziert, dass man ihn lieber gleich selbst erledigt. Doch bei aller Emotion ist der Siegeszug der Elektronik im Fünfer nicht aufzuhalten. Das gilt unsichtbar für Systeme, die zum Beispiel die Start-Stopp-Automatik abschalten, wenn man an einen Kreisverkehr rollt, oder automatisch die Sitzheizung aktivieren, wenn eine bestimmte Außentemperatur unterschritten wird.
Obwohl einem das Cockpit genauso wie das Design des Fünfers verdächtig vertraut vorkommt, ist hier tatsächlich alles um Lichtjahre weiter: Hinter dem Lenkrad flimmert ein digitales Display, der größere Navi-Monitor daneben ist jetzt endlich ein Touchscreen und selbst die Klimaanlage regelt man jetzt mit einem Fingerstrich über die kleine Glasblende. Außerdem erkennt der Fünfer wie der Siebener eine handvoll Gesten und lässt sich vom Fahrer auch in beinahe freien Dialogen herumkommandieren.
So gut der neue Fünfer auch fährt, so stimmig er aussieht, so imposant seine Assistenzsysteme sind, so sehr man sich über Navi und LED-Scheinwerfer in Serie freut und so viel Eindruck er mit seinem Anzeige- und Bedienkonzept oder seiner Konnektivität schindet, so wenig darf man sich von diesem Auto echten Fortschritt vorgaukeln lassen. Denn große Sprünge hat BMW damit nicht gemacht. Der Vorgänger war schon gut und der Neue ist einfach noch mal ein kleines bisschen besser.