Augsburger Allgemeine (Land West)
Klinikum will leichtere Operationen abgeben
Gesundheit Geht es nach Vorstand Schmidtke, spezialisiert sich die künftige Uniklinik auf „schwere Fälle“und kooperiert enger mit anderen Krankenhäusern der Region. Patienten hätten dann unter Umständen längere Wege
Am kommenden Freitag wird an der Universität die Medizinische Fakultät gegründet werden – im Beisein von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) fällt damit der Startschuss für die Universitätsklinik Augsburg. Aus Patientensicht dürfte sich aber gar nicht so viel ändern, weil das Klinikum heute schon Medizin auf höchster Versorgungsstufe betreibt. Der Unterschied: Künftig wird am Klinikum viel mehr geforscht und Patienten können somit an Studien teilnehmen.
Deutlich stärkere Folgen für Patienten könnten aber Überlegungen von Klinikumsvorstand Alexander Schmidtke haben: Er regt an, die Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern der Region deutlich auszuweiten. Das könnte so weit gehen, dass die künftige Uniklinik, die ja die dafür nötige Infrastruktur vorhält, sich auf schwerere und somit wirtschaftlich lohnendere Fälle konzentriert. Die Augsburger Beleghäuser sowie die Kreiskliniken sich nach einem ausgehandelten Zuweisungskonzept um leichtere Eingriffe wie eine Leistenbruch-OP oder Blinddarmoperationen kümmern. In manchen Ballungsräumen gibt es solche Modelle. Für die Region Augsburg müssten solche Gespräche in Abstimmung mit der Kassenärztlichen Vereinigung erst angeschoben werden.
Momentan gibt es schon diverse Kooperationen, etwa mit den Kliniken an der Paar (Kreis AichachFriedberg) bei Schlaganfällen. Seit dem Rückzug des Roten Kreuzes versorgt das Klinikum auch diverse Krankenhäuser mit Blut. Die Kliniken im Ostallgäu werden von der Augsburger Klinikum-Apotheke bestückt. „Unterm Strich können solche Kooperationen lohnend für alle sein“, sagt Schmidtke.
Die Überlegungen haben vor allem einen wirtschaftlichen Hintergrund. Das Klinikum wird in diesem Jahr unterm Strich voraussichtlich ein Minus von zwei Millionen Euro machen – bei einem Umsatz von knapp 400 Millionen ist das kein Drama, aber der Freistaat hat klare Erwartungen formuliert, wenn er das Haus zum 1. Januar 2019 übernimmt. Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) hat mehrmals erklärt, dass er ein „wirtschaftliches Sanierungskonzept“erwarte. Dabei wurde das Klinikum seit Schmidtkes Amtsantritt schon einem straffen Spar- und Restrukturierungskurs unterzogen – schlechte Stimmung beim Personal und Protest durch den Personalrat inklusive.
Bis zur Übernahme durch den Freistaat denkt Schmidtke auch darüber nach, die Ambulanzen des Klinikums unter einem Dach zu bündeln, statt sie wie bisher im Haus verteilt zu haben. So soll Medizintechnik etwa besser ausgelastet werden.
Zudem will das Klinikum die Zahl der Intensivbetten auf die Schnelle erhöhen. Momentan gibt es auf dem Papier 100 Betten (teils sind diese wegen Personalmangels aber nicht alle belegbar), in den kommenden zwei Jahren sollen 20 Betten hinzukommen. Eine Ausweikönnten tung auf 136 Betten war ursprünglich mit Fertigstellung des AnbauWest Ende 2018 geplant. Nun gibt es eine Stufenlösung und schneller neues Personal (insgesamt rund 60 Stellen). Die Intensivversorgung ist seit Längerem ein Problem. Teils müssen Operationen verschoben werden, weil die Intensivstation voll ist, oder Patienten sehr früh wieder wegverlegt werden. Das ist vor allem medizinisch, aber auch wirtschaftlich ein Problem, denn die Behandlung von Intensivpatienten ist lukrativ.
Für den Moment beruhigt hat sich die Situation mit der Ärzteschaft. Wie berichtet hatten im Sommer 400 Mediziner einen Brandbrief ans Wissenschaftsministerium unterzeichnet, in dem sie davor warnen, das Klinikum kaputtzusparen. Abgeschickt wurde der Brief nicht. Hintergrund ist ein Zehn-Jahres-Plan, mit dem das Klinikum Personalkosten einsparen möchte. Die Botschaft des Plans: Im Vergleich mit anderen Kliniken habe Augsburg zu viele Ärzte, aber zu wenig Pflegekräfte. Bei den Pflegern und Schwestern soll aufgebaut werden, wobei der Personalrat zuletzt darauf hinwies, dass die vom Klinikum genannte Zahl von 50 irreführend sei, weil darin auch vorhandene Planstellen, die nicht besetzt waren, eingerechnet sind.
Die im Raum stehende Zahl von 50 abzubauenden Arztstellen (ohne Kündigungen) bis 2019 sorgte für Unmut in der Ärzteschaft. 2015 wurden drei Stellen gestrichen, in diesem Jahr waren es acht, für kommendes Jahr sind es elf, wobei sich nach dem Aufruhr eine Korrektur nach unten abzuzeichnen scheint. Auch 2018 stehen elf weitere Stellen im Feuer, wobei nicht mit der „Rasenmähermethode“vorgegangen werden soll. Wie es ab 2019 weitergeht, wird momentan bewusst offengelassen, um kein Öl ins Feuer zu gießen. Ein Gutachten hatte dem Klinikum ursprünglich bescheinigt, um die 100 Ärzte zu viel zu beschäftigen. Am Klinikum arbeiten um die 700 Ärzte und 2000 Pflegekräfte.
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