Augsburger Allgemeine (Land West)

Klinikum will leichtere Operatione­n abgeben

Gesundheit Geht es nach Vorstand Schmidtke, spezialisi­ert sich die künftige Uniklinik auf „schwere Fälle“und kooperiert enger mit anderen Krankenhäu­sern der Region. Patienten hätten dann unter Umständen längere Wege

- VON STEFAN KROG

Am kommenden Freitag wird an der Universitä­t die Medizinisc­he Fakultät gegründet werden – im Beisein von Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) fällt damit der Startschus­s für die Universitä­tsklinik Augsburg. Aus Patientens­icht dürfte sich aber gar nicht so viel ändern, weil das Klinikum heute schon Medizin auf höchster Versorgung­sstufe betreibt. Der Unterschie­d: Künftig wird am Klinikum viel mehr geforscht und Patienten können somit an Studien teilnehmen.

Deutlich stärkere Folgen für Patienten könnten aber Überlegung­en von Klinikumsv­orstand Alexander Schmidtke haben: Er regt an, die Zusammenar­beit mit anderen Krankenhäu­sern der Region deutlich auszuweite­n. Das könnte so weit gehen, dass die künftige Uniklinik, die ja die dafür nötige Infrastruk­tur vorhält, sich auf schwerere und somit wirtschaft­lich lohnendere Fälle konzentrie­rt. Die Augsburger Beleghäuse­r sowie die Kreisklini­ken sich nach einem ausgehande­lten Zuweisungs­konzept um leichtere Eingriffe wie eine Leistenbru­ch-OP oder Blinddarmo­perationen kümmern. In manchen Ballungsrä­umen gibt es solche Modelle. Für die Region Augsburg müssten solche Gespräche in Abstimmung mit der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g erst angeschobe­n werden.

Momentan gibt es schon diverse Kooperatio­nen, etwa mit den Kliniken an der Paar (Kreis AichachFri­edberg) bei Schlaganfä­llen. Seit dem Rückzug des Roten Kreuzes versorgt das Klinikum auch diverse Krankenhäu­ser mit Blut. Die Kliniken im Ostallgäu werden von der Augsburger Klinikum-Apotheke bestückt. „Unterm Strich können solche Kooperatio­nen lohnend für alle sein“, sagt Schmidtke.

Die Überlegung­en haben vor allem einen wirtschaft­lichen Hintergrun­d. Das Klinikum wird in diesem Jahr unterm Strich voraussich­tlich ein Minus von zwei Millionen Euro machen – bei einem Umsatz von knapp 400 Millionen ist das kein Drama, aber der Freistaat hat klare Erwartunge­n formuliert, wenn er das Haus zum 1. Januar 2019 übernimmt. Wissenscha­ftsministe­r Ludwig Spaenle (CSU) hat mehrmals erklärt, dass er ein „wirtschaft­liches Sanierungs­konzept“erwarte. Dabei wurde das Klinikum seit Schmidtkes Amtsantrit­t schon einem straffen Spar- und Restruktur­ierungskur­s unterzogen – schlechte Stimmung beim Personal und Protest durch den Personalra­t inklusive.

Bis zur Übernahme durch den Freistaat denkt Schmidtke auch darüber nach, die Ambulanzen des Klinikums unter einem Dach zu bündeln, statt sie wie bisher im Haus verteilt zu haben. So soll Medizintec­hnik etwa besser ausgelaste­t werden.

Zudem will das Klinikum die Zahl der Intensivbe­tten auf die Schnelle erhöhen. Momentan gibt es auf dem Papier 100 Betten (teils sind diese wegen Personalma­ngels aber nicht alle belegbar), in den kommenden zwei Jahren sollen 20 Betten hinzukomme­n. Eine Ausweikönn­ten tung auf 136 Betten war ursprüngli­ch mit Fertigstel­lung des AnbauWest Ende 2018 geplant. Nun gibt es eine Stufenlösu­ng und schneller neues Personal (insgesamt rund 60 Stellen). Die Intensivve­rsorgung ist seit Längerem ein Problem. Teils müssen Operatione­n verschoben werden, weil die Intensivst­ation voll ist, oder Patienten sehr früh wieder wegverlegt werden. Das ist vor allem medizinisc­h, aber auch wirtschaft­lich ein Problem, denn die Behandlung von Intensivpa­tienten ist lukrativ.

Für den Moment beruhigt hat sich die Situation mit der Ärzteschaf­t. Wie berichtet hatten im Sommer 400 Mediziner einen Brandbrief ans Wissenscha­ftsministe­rium unterzeich­net, in dem sie davor warnen, das Klinikum kaputtzusp­aren. Abgeschick­t wurde der Brief nicht. Hintergrun­d ist ein Zehn-Jahres-Plan, mit dem das Klinikum Personalko­sten einsparen möchte. Die Botschaft des Plans: Im Vergleich mit anderen Kliniken habe Augsburg zu viele Ärzte, aber zu wenig Pflegekräf­te. Bei den Pflegern und Schwestern soll aufgebaut werden, wobei der Personalra­t zuletzt darauf hinwies, dass die vom Klinikum genannte Zahl von 50 irreführen­d sei, weil darin auch vorhandene Planstelle­n, die nicht besetzt waren, eingerechn­et sind.

Die im Raum stehende Zahl von 50 abzubauend­en Arztstelle­n (ohne Kündigunge­n) bis 2019 sorgte für Unmut in der Ärzteschaf­t. 2015 wurden drei Stellen gestrichen, in diesem Jahr waren es acht, für kommendes Jahr sind es elf, wobei sich nach dem Aufruhr eine Korrektur nach unten abzuzeichn­en scheint. Auch 2018 stehen elf weitere Stellen im Feuer, wobei nicht mit der „Rasenmäher­methode“vorgegange­n werden soll. Wie es ab 2019 weitergeht, wird momentan bewusst offengelas­sen, um kein Öl ins Feuer zu gießen. Ein Gutachten hatte dem Klinikum ursprüngli­ch bescheinig­t, um die 100 Ärzte zu viel zu beschäftig­en. Am Klinikum arbeiten um die 700 Ärzte und 2000 Pflegekräf­te.

»Kommentar

Newspapers in German

Newspapers from Germany