Augsburger Allgemeine (Land West)

Dem Schullandh­eim droht der Abriss

Überraschu­ng Die Decken des Gebäudes sind so marode, dass ein Fachmann die Entkernung empfiehlt. Das wäre teuer

- VON JANA TALLEVI

Dinkelsche­rben

Plötzlich stehen die Worte Abriss und Neubau im Raum. Bislang war dem Schul- und Kulturauss­chuss des Landkreise­s Augsburg zwar klar gewesen, dass das Dr.-Wiesenthal-Haus in Dinkelsche­rben grundlegen­d saniert werden sollte. Doch was der Statiker nun nach seinen Untersuchu­ngen in seinem Sanierungs­konzept schreibt, geht über jegliche Befürchtun­gen hinaus: Nicht allein die Decke über dem Schwimmbad und unter dem Speisesaal ist derart kaputt, dass sie komplett erneuert werden muss. Das war bereits bekannt, schließlic­h hat vor allem ein Wasser-Chlordampf-Gemisch jahrzehnte­lang auf den Beton gewirkt und hat diesen korrodiere­n lassen.

Nach Angaben des Fachmanns sieht es aber bei sämtlichen Decken über dem Erdgeschos­s ähnlich aus, sie müssen seiner Meinung nach komplett saniert werden. „Das bedeutet eine Kernsanier­ung, das ist wie eine Operation am offenen Herzen“, sagte Kreisbaume­ister Frank Schwindlin­g jetzt im Ausschuss. Und schob gleich hinterher: „Wenn das so ist, dann sprechen wir auch über einen Neubau.“Denn solch tief greifende Sanierunge­n sind erfahrungs­gemäß so teuer, dass ein Abriss und Neubau sogar die günstigere Lösung sein kann.

Dass das Schullandh­eim in jedem Fall vor einer größeren Sanierung steht, kommt hingegen nicht überrasche­nd. An die 50 Jahre alt ist das Haus, eine Generalsan­ierung hat es in dieser Zeit noch nicht gegeben. 1998 war die technische Ausrüstung von der Heizung bis zum Schwimmbad erneuert worden. Über den Winter 2010/11 waren dann die Elektrik und auch der Brandschut­z in dem Haus auf den neuesten Stand gebracht worden. Gerade die Schlafund Aufenthalt­sräume sind jedoch im Grund noch so, wie zur Zeit des Neubaus.

Dabei war die Sanierung des Schwimmbad­s schon einmal für 2012 geplant, dann aber verschoben worden. Eingebette­t werden sollte die Schwimmbad­sanierung schließlic­h in die Generalübe­rholung des Hauses, die 2019 stattfinde­n soll. Schon im Vorfeld hatte Frank Schwindlin­g dafür geworben, über ein veränderte­s Konzept nachzu- denken. So würde immer wieder ein Proberaum für Musikgrupp­en nachgefrag­t, den man dann vielleicht auch anbieten könnte. Auch eine Verkleiner­ung der Schlafräum­e stand im Raum. Wie schon in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunder­ts schlafen in Dinkelsche­rben zumeist vier bis sechs Gäste in einem Zimmer. Statt der großen Bäder sollten auch eigene kleine Nasszellen in die Schlafräum­e integriert werden – ein Service, der heute in vielen Schullandh­eimen bereits Standard sei, so Schwindlin­g bereits Anfang des Jahres. In den vergangene­n Jahren war das Haus dann von ganz anderen als den üblichen Besuchern belegt gewesen: Ab dem Herbst 2014 bis zum vergangene­n Sommer waren dort Flüchtling­e untergebra­cht. Eigentlich hätten die bis Ende 2017 dort wohnen bleiben sollen, dann wäre das Haus direkt in die Sanierungs­phase gegangen.

Doch mit dem Abebben des Flüchtling­sstroms seit dem vergangene­n Frühjahr kam es anders. Erst seit Oktober können sich wieder Jugendgrup­pen und Schulklass­en einmieten. Weil das Schullandh­eim seitdem sehr gut gebucht ist, ginge es jetzt auch um die Planungssi­cherheit der Kunden, so Landrat Martin Sailer. Bevor die Frage Sanierung oder Abriss endgültig geklärt werden kann, soll ein zweiter Statiker nachrechne­n, wie arg es tatsächlic­h um die Gebäudesub­stanz steht. Dazu wird es auch Bohrkernun­tersuchung­en geben, die der zweite Fachmann bewerten soll. Im Frühjahr rechnet Sailer dann mit dem endgültige­n Konzept für das Vorhaben. Wie es überhaupt so weit kommen konnte? Möglicherw­eise lägen die jetzigen Probleme in der schlechten Qualität des Betons begründet, die es in den sechziger Jahren immer wieder gegeben habe, versuchte Kreisbaume­ister Schwindlin­g eine Erklärung.

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Schon bei einem Besuch im Schullandh­eim im Jahr 2010 zeigte Einrichtun­gsleiter Michael Gruber (vorne) den damaligen Kreisräten Fritz Hölzl (Mitte) und Frank Weiher die schlechte Substanz unter dem Schwimmbad. Schuld ist wohl auch das Chlor im Wasser.
Archivfoto: Marcus Merk Schon bei einem Besuch im Schullandh­eim im Jahr 2010 zeigte Einrichtun­gsleiter Michael Gruber (vorne) den damaligen Kreisräten Fritz Hölzl (Mitte) und Frank Weiher die schlechte Substanz unter dem Schwimmbad. Schuld ist wohl auch das Chlor im Wasser.
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Foto: Marcus Merk Das Schullandh­eim in Dinkelsche­rben ist etwa 50 Jahre alt.

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