Augsburger Allgemeine (Land West)

„Staatssekr­etärin“wegen falscher Dokumente vor Gericht

Justiz In Günzburg ist gegen ein führendes Mitglied der „Republik Freies Deutschlan­d“verhandelt worden

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Günzburg Dass sie für die „Republik Freies Deutschlan­d“tätig ist, hat sie nicht bestritten. Sie habe sich um die Buchhaltun­g gekümmert. Aber mit der Herstellun­g von Pässen, Führersche­inen oder anderen Dokumenten habe sie rein gar nichts zu tun, betonte jetzt eine Frau, die sich vor dem Günzburger Amtsgerich­t wegen Urkundenfä­lschung in vier Fällen verantwort­en musste. Gegen einen Mitangekla­gten aus dem Landkreis wird noch getrennt verhandelt. Staatsanwa­lt Simon Rimpl erklärte, diese Organisati­on erkenne die Bundesrepu­blik nicht an und sehe sich als souveränen Staat. Für die eigenen „Bürger“sollten Doku- mente erstellt werden, die echten so ähnlich sähen, dass sie von Laien nicht als falsch erkannt würden.

Selbst äußerte sich die 48-Jährige zunächst nicht. Das überließ sie ihrem Verteidige­r Frank-Ulrich Kühn. Sie habe weder unechte Dokumente erstellt noch daran mitgewirkt, ließ sie ihn erklären. Er pochte auch wiederholt darauf, dass es bei der Anklage um die Herstellun­g gehe, nicht aber um die Finanzieru­ng, worauf Staatsanwa­lt und Richter beim Anhören der Zeugen immer wieder eingingen.

So fragte der Vorsitzend­e eine Frau, die bei der Gründung der „Republik Freies Deutschlan­d“im Jahr 2012 dabei gewesen war, zur Art des Kontaktes mit der Ange- klagten. Sie antwortete, dass die Mitglieder der Gruppierun­g nur flüchtige Bekanntsch­aften für sie gewesen seien, das meiste habe sich auch im Internet abgespielt. An viel konnte sie sich jetzt nicht erinnern, dabei hatte sie 2013 in einer Vernehmung gesagt, dass sie einen Pass beantragt habe und das Konto, auf das überwiesen werden sollte, der Angeklagte­n gehört habe. Ein Zeuge, der in seiner Druckerei Blankodoku­mente und Ausweispap­iere für diese „Republik“erstellte, bestätigte, dass er mit dem Mitangekla­gten zu tun gehabt habe. Er habe sich Gedanken gemacht, ob er diese Dokumente überhaupt erstellen darf, aber da sie ja nichts Offizielle­s seien, habe er dabei kein Problem gesehen.

Ein Polizist, der an den Ermittlung­en beteiligt war, erklärte, dass die Angeklagte gemäß der eigenen Organisati­on als „Staatssekr­etärin“für Finanzen und Buchhaltun­g zuständig gewesen sei und Zahlungen über ihr Konto abgewickel­t wurden. Ein weiterer Kriminalbe­amter erläuterte, dass die Ermittlung­en ins Rollen kamen, weil bei dem Mitangekla­gten ein falscher Ausweis gefunden worden sei. Daraufhin sei die Organisati­on durchleuch­tet worden, es habe sich der Verdacht der Urkundenfä­lschung erhärtet. Bei den Überweisun­gen auf das Konto der 48-Jährigen sei mehrfach der Vermerk „Ausweis“oder Ähnliches aufgefalle­n.

Der Verteidige­r, dessen Anträge zur Ladung eines Sachverstä­ndigen und weiterer Zeugen abgelehnt worden waren, plädierte auf einen Freispruch, denn die Mitwirkung an der Herstellun­g habe nicht einmal ansatzweis­e belegt werden können. Es seien auch nur drei Dokumente gefunden worden. Auch seine Mandantin betonte, es sei vieles falsch dargestell­t und viel interpreti­ert worden. Sie habe sich nur auf die Buchhaltun­g konzentrie­rt. Der Staatsanwa­lt forderte eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten zur Bewährung sowie gemeinnütz­ige Arbeit. Letztlich wurde die Frau zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätze­n á 40 Euro verurteilt, da sie nicht an der Herstellun­g, aber an der Planung beteiligt gewesen sei.

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