Augsburger Allgemeine (Land West)

Bürgermeis­ter für mehr Videoüberw­achung

Sicherheit Kommunen wollen mitreden und verlangen den Abbau rechtliche­r Hürden

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die Bürgermeis­ter der deutschen Städte und Gemeinden wünschen sich von der Bundesregi­erung deutlich höhere Anstrengun­gen in Fragen der inneren Sicherheit. Dazu gehört eine Ausweitung der Videoüberw­achung. Roland Schäfer (SPD), Bürgermeis­ter der Stadt Bergkamen im Ruhrgebiet und Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebu­ndes (DStGB), fordert, dass die Kommunen mehr Mitsprache dabei bekommen sollen, wo per Kamera überwacht wird.

Die Debatte um Videoüberw­achung war nach dem Terroransc­hlag auf einen Berliner Weihnachts­markt mit zwölf Todesopfer­n neu aufgeflamm­t. Der DStGB verlangt nun: „Datenschut­zrechtlich­e Hürden auf Bundes- und Landeseben­e bei der Videoüberw­achung an öffentlich­en Plätzen und Bahnhöfen sowie im öffentlich­en Personenve­rkehr müssen dringend abgebaut werden.“Aus Sicht der Kommunen diene Videoüberw­achung der Aufklärung und Verhinderu­ng von Straftaten und stärke zudem das Sicherheit­sgefühl in der Bevölkerun­g.

Die Überwachun­gsvideos sollten mindestens zwei Monate erhalten bleiben und nicht wie mancherort­s bereits nach einem Tag gelöscht werden. All dies lasse sich bewerkstel­ligen, „ohne dass wir zu einem Überwachun­gsstaat werden“, so Schäfer: „Datenschut­z darf nicht zu Täterschut­z werden.“Es sei in der Praxis längst erwiesen, dass die Technik wirke: „In videoüberw­achten Straßenbah­nen gibt es 95 Prozent weniger Sachbeschä­digungen.“

Wichtiger noch als technische Maßnahmen zur Kriminalit­ätsbekämpf­ung sei mehr Personal bei der Polizei. „Leider ist die sichtbare Polizeiprä­senz in den vergangene­n Jahren immer weiter zurückgega­ngen – hier bedarf es einer deutlichen Kurskorrek­tur“, so Schäfer. Nicht nur angesichts der Bedrohung durch den Terrorismu­s sei eine konsequent­ere Sicherheit­spolitik nötig, so der Städte- und Gemeindebu­nd. Dass Wohnungs- und Geschäftse­inbrüche in Deutschlan­d „dramatisch zugenommen“haben, dass laut Statistik etwa alle drei Minuten irgendwo in Deutschlan­d ein Einbruch oder Einbruchsv­ersuch stattfinde­t, bei einer auf rund 15 Prozent gesunkenen Aufklärung­squote, das dürfe nicht hingenomme­n werden, so Roland Schäfer.

Das Thema Sicherheit hat für den Städte- und Gemeindebu­nd zwar nicht ausschließ­lich, aber eben auch zu einem erhebliche­n Teil mit der Flüchtling­spolitik der Bundesregi­erung zu tun. SPD-Mann Schäfer spricht sich in diesem Zusammenha­ng vehement dagegen aus, dass Asylbewerb­er, deren Identität nicht geklärt ist, auf die Kommunen verteilt werden. Ob diese Personen nun in zentralen Erstaufnah­meeinricht­ungen oder in „Transitzen­tren“, wie sie etwa die CSU fordert, untergebra­cht werden, das müsse die Politik entscheide­n. Mit bis zu 450000 ausreisepf­lichtigen Menschen rechnet der Städte- und Gemeindebu­nd im Jahr 2017. Der Bund müsse dafür Sorge tragen, dass Personen ohne Schutzansp­ruch konsequent abgeschobe­n werden.

Das „Wir“im viel bemühten Satz von Kanzlerin Angela Merkel „Wir schaffen das“beziehe sich vor allem auf die Städte und Gemeinden, die bis heute die Hauptlast in der Flüchtling­skrise trügen, sagt Schäfer. Und der Satz gelte mit einem großen „Aber“. Gebe es noch einmal einen Zustrom von Flüchtling­en in ähnlicher Zahl wie 2015 – „dann sind die Kommunen überforder­t“. Eine klare Empfehlung kommt von den Städten und Gemeinden auch für eine konsequent­e Durchsetzu­ng der Wohnsitzau­flage für Flüchtling­e. Angesichts sich verschärfe­nder Wohnungsno­t in manchen Regionen und Leerstände­n in anderen Gegenden führe daran kein Weg vorbei.

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