Augsburger Allgemeine (Land West)
Guter Wolf – böser Wolf?
Natur Die Rückkehr des Raubtiers wird unterschiedlich bewertet. Und es gibt eine Überraschung
Augsburg
Das Tier, das Anfang Dezember ein weibliches Stück Rotwild in einem Gatter bei Memmingen gerissen hat, war kein Wolf. Sowohl eine genetische Untersuchung als auch ein veterinärmedizinisches Gutachten hätten keine Hinweise ergeben, sagte ein Sprecher des Landesamts für Umwelt (LfU) in Augsburg gegenüber unserer Zeitung. Zunächst war vermutet worden, dass erneut ein Wolf durchs Allgäu gestreift war. Bereits Anfang November wurde ein Rüde im Unterallgäu von einer Wildkamera gefilmt. Damals hatte die Genanalyse zweifelsfrei bestätigt, dass es sich um ein männliches Tier aus der Population der Südwestalpen handelte.
In Bayern kommt es nach LfUAngaben jährlich zu drei bis sechs Wolfsbeobachtungen. Die Tiere ziehen aus dem Alpenraum durch Südbayern oder kommen aus dem Nordosten Deutschlands, wo inzwischen mehrere Rudel leben. Sie durchstreifen den Bayerischen Wald oder das Fichtelgebirge. Bisher waren es stets einzelne Exemplare, die auf ihrer Wanderschaft entdeckt wurden.
Aktuell sind in Deutschland 46 Wolfsrudel nachgewiesen, heißt es in der sogenannten „Dresdner Resolution“, die die umweltpolitischen Sprecher der Fraktionen von CDU und CSU im Bund und in den Ländern im vergangenen November verabschiedet haben. Da der Wolf geschützt ist und nicht bejagt wird, werde er sich immer schneller und weiter ausbreiten, so die UmweltPolitiker der Union. Vor dem Hintergrund der jährlichen Zuwachsrate müssten schon jetzt Vorkehrungen getroffen werden, „wie man den wachsenden Bestand zukünftig stärker kontrollieren und die Weichen für eine künftige Regulierung der Population stellen will“. Wenn ein Wolf zum „Problemwolf“werde, dürfe auch die Bejagung kein Tabu sein.
Naturschützer sehen die Rückkehr des Wolfes, der Mitte des 19. Jahrhunderts hierzulande ausgerottet war, inzwischen als Erfolgsgeschichte. Ganz anders die Alm-/ Alpwirtschaftlichen Verbände im Alpenraum. Sie hatten bereits im Juni gefordert, den Schutzstatus der Großraubtiere wie Bär, Wolf oder Luchs herabzusetzen. Die traditionelle, über Jahrhunderte gewachsene Alm- und Weidewirtschaft müsse auch künftig mit herkömmlichen Methoden ohne aufwendige und teuere Schutzmaßnahmen für die Herdentiere möglich sein, sagt Alfons Zeller (Oberallgäu), Präsident der Bayerischen Arbeitsgemeinschaft für Bergbauernfragen.
Bayerns Jägerpräsident Jürgen Vocke hat seine Forderung nach einem Wolfmanagement noch einmal unterstrichen. Der Jagdverband plane Anfang April ein Symposium, das sich mit der Wolfproblematik befasse. „Alle müssen an einen Tisch – Jäger, Bauern, Umwelt- und Naturschützer und selbstverständlich die Politik.“Ein „Geschäft mit der Angst vorm bösen Wolf “– „ein Rotkäppchen-Syndrom“– hält Vocke für falsch. Dennoch dürfe man bei aller Euphorie über die Rückkehr von Meister Isegrim in unsere Wälder die Augen vor den Problemen nicht verschließen. Es stelle sich schon die Frage, wer etwa für die Schäden aufkommt, wenn ein Wolf ein Schaf oder eine Ziege gerissen hat. „Und über eines müssen wir uns im Klaren sein“, betont Vocke, „der Wolf ist kein Kuscheltier“.