Augsburger Allgemeine (Land West)
Arbeitslosenzahl auf Rekordtief
Konjunktur Nur 2,7 Millionen Menschen waren 2016 auf Job-Suche. Für die kommenden Monate sind die Erwartungen aber gedämpft. Zudem entbrennt ein Streit über eine Senkung der Beiträge
In Deutschland waren 2016 so wenige Menschen arbeitslos wie seit 25 Jahren nicht mehr. Trotz Flüchtlingszuwanderung und weltwirtschaftlicher Risiken erwies sich der deutsche Arbeitsmarkt als konjunktureller Stabilitätsanker. „2016 war ein starkes Jahr für den Arbeitsmarkt, besser als 2015 und besser als wir erwartet haben“, sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, bei der Vorstellung der neuen Zahlen.
Deutschlandweit ist mit durchschnittlich 2,691 Millionen die Zahl der Erwerbslosen auf den niedrigsten Stand seit einem Vierteljahrhundert gesunken, berichtet die Bundesarbeitsagentur. Dies seien 104 000 weniger Menschen ohne Job als im Jahr davor. Abermals gesunken ist damit auch die Jahresarbeitslosenquote, sie ging um 0,3 Punkte auf 6,1 Prozent zurück. Auch Bayerns Arbeitsmarkt zeigt sich in guter Form: Die Zahl der Arbeitslosen sank gegenüber dem Dezember des Vorjahres um 0,1 Prozentpunkte auf nur noch 3,3 Prozent.
Robust zeigte sich der deutsche Arbeitsmarkt zuletzt auch im Dezember. Zwar stieg die Zahl der arbeitslosen Männer und Frauen witterungsbedingt um 36000 auf 2,568 Millionen an. Vor allem in den Außenberufen – darunter dem Bau und in Gärtnereien – melden sich Beschäftigte arbeitslos. Der Anstieg lag aber unter dem Durchschnitt der vergangenen drei Jahre.
Zählt man allerdings auch jene Jobsucher hinzu, die eine Aus- und Fortbildung absolvieren und in der offiziellen Arbeitslosenstatistik nicht auftauchen, gab es im Dezember 3,565 Millionen Menschen ohne Arbeit. Die Unterbeschäftigung ist zuletzt durch die steigende Zahl erwerbsloser Flüchtlinge, die noch an Sprach- und Eingliederungskursen teilnehmen, spürbar gestiegen. Ebenfalls nach oben geklettert ist die Zahl der Flüchtlinge, die auf eine Arbeit hoffen. Insgesamt waren im Dezember 425000 von ihnen als arbeitssuchend registriert, 164 000 davon galten als arbeitslos. Ihre Zahl ist binnen eines Jahres um gut 60 000 angewachsen.
Weise dämpfte da die Erwartungen für das Jahr 2017: „Nach dem guten Jahr 2016 haben wir das Ziel, das Gute zu wiederholen.“Angesichts der bereits historisch niedrigen Arbeitslosigkeit wäre es schon ein Erfolg, wenn diese nicht steigen würde. SPD-Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zeigte sich zuversichtlich: „Es spricht viel dafür, dass der Arbeitsmarkt auch im neuen Jahr aufnahmefähig und der Schwung erhalten bleibt.“
Angesichts der guten Lage konnte die Bundesagentur für Arbeit einen Überschuss erwirtschaften. Ihre Rücklagen klettern auf mehr als elf Milliarden Euro. Der Bund der Steuerzahler spricht sich deshalb dafür aus, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von derzeit 3,0 auf 2,5 Prozent zu senken. Bundesagentur-Chef Weise wies die Forderung aber zurück: Er erinnerte an die Wirtschafts- und Finanzkrise 2009/10. „Damals haben wir ohne Steuer- und Beitragsmittel rund 17 Milliarden Euro aus den Rücklagen gegen die Krise geschoben“, sagte er. Mit dem Geld seien Kurzarbeitergeldprogramme finanziert worden, um Entlassungen zu verhindern.