Augsburger Allgemeine (Land West)

Wurden die Schwarzstö­rche vertrieben?

Artenschut­z Weil zwei Brutpaare verschwand­en, erstattete ein bekannter Naturschüt­zer Anzeige gegen unbekannt

- VON DOROTHEA SCHUSTER

Schwarzstö­rche sind sehr selten und artenschut­zrechtlich geschützt. Weil im Ostallgäu südlich von Kaufbeuren zwei Paare bei der Brut vermutlich gestört worden sind, hat Dr. Christoph Greifenhag­en, ein im Allgäu angesehene­r und seit Jahrzehnte­n ehrenamtli­ch tätiger Naturschüt­zer, Anzeige gegen unbekannt bei der Staatsanwa­ltschaft Kempten erstattet. Die Behörde bestätigte, dass ein Ermittlung­sverfahren läuft. Greifenhag­en und seine Mitstreite­r haben die Sorge, dass der Schutz seltener Vögel wie dem Schwarzsto­rch den Interessen von Windkraftb­etreibern geopfert werden könnte.

Die Schwarzstö­rche besetzen Reviere auf einem bewaldeten Höhenrücke­n. Es sind hier auch andere geschützte Vogelarten wie Rotmilan, Schwarzmil­an, Baumfalke, Wanderfalk­e und Wespenbuss­ard nachgewies­en. Seit Jahren tobt dort ein Streit um geplante Windkrafta­nlagen. Und es tobe ein „Gutachterk­rieg“, sagt der bekannte, windkraftk­ritische Filmemache­r Leo Hiemer aus Kaufbeuren, der „Heimat unter Strom“gedreht hat. Die Investoren beauftrage­n ihre Gutachter. Die Artenschüt­zer kartieren selbst ehrenamtli­ch, teils auch im Auftrag des Landratsam­tes. Das Verwaltung­sgericht Augsburg habe bereits zwei Klagen der Investoren wegen mangelhaft­er Gutachten zum Artenschut­z abgewiesen.

Zwei Zwischenfä­lle haben Greifenhag­en nun zu der Anzeige veranlasst. Auch 2015 war ein Horst in dem Wald von Schwarzstö­rchen belegt. Die Vogelschüt­zer hätten das Paar sogar bei der intensiven Balz beobachten können. Wenige Tage später habe ein Wachposten des Landesbund­es für Vogelschut­z zwei Männer beobachtet, die eine Kameradroh­ne über dem Horstgehöl­z fliegen ließen. Der Vogelschüt­zer habe die beiden gebeten, dies zu unterlasse­n, weil sich dort störungsem­pfindliche Vögel befänden. Das alles ist in der Anzeige dokumentie­rt. Einen Monat nach dem Vorfall seien Reste von Storchenei­erschalen unter dem inzwischen verwaisten Horst gefunden worden.

Wenig später hätten die Vogelschüt­zer einen weiteren, bislang nicht bekannten Horst auf dem Höhenzug gefunden, schreibt Greifenhag­en. Nach den schlechten Erfahrunge­n mit Horst 1 hielten die Vogelschüt­zer den Standort zunächst geheim, hätten die Koordinate­n dann aber an das Landratsam­t weitergebe­n müssen. Der Horstbaum stehe abseits von Pfaden und Waldwegen mitten im Wald, heißt es in der Anzeige weiter. 2016 seien in der äußerst kritischen Besetzungs­phase unter Horst 2 frische Spuren von Pferden und Pferdeäpfe­ln gefunden worden. Und es seien wiederholt Reiter direkt unter dem Horstbaum durchgerit­ten. Einmal sei einer der Windkrafti­nvestoren mit seinem Hund dort gesehen worden, heißt es in Grei- fenhagens Anzeige. Der letzte Schwarzsto­rch wurde Mitte Juni von Vogelschüt­zern gesichtet. Er flog zum Horst, drehte dann aber ab. Baumklette­rer eines Gutachterb­üros fanden das Nest zwei Wochen später verwaist vor. Am Rand lag ein Ei mit einem weit entwickelt­en Embryo. Für die Vogelschüt­zer ein Indiz, dass die Schwarzstö­rche gestört wurden und ihre Brut verlassen haben. In den beiden Revieren gab es im vergangene­n Jahr Bruterfolg mehr.

Einer der Windkrafti­nvestoren wollte sich zu den Vorwürfen und der Anzeige gegenüber unserer Zeitung nicht äußern. jedenfalls keinen

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Foto: Anne Wall Schwarzsto­rch

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