Augsburger Allgemeine (Land West)

Bestätigun­gsfehler

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Kennen Sie gar nicht das Wort? Nein, hat nichts mit einer Fehlermeld­ung beim Bestätigen des Betrags bei der Kartenzahl­ung zu tun. Ist viel wichtiger. Ist nämlich einer der Begriffe, die jeder kennen muss, der im Jahr 2017 Bescheid wissen will. Sagt ein seit Jahren veritables Echolot solcher Trends, der New Yorker Internet-Salon www.edge.org (auf Deutsch veröffentl­icht von der Neuen Zürcher Zeitung auf www.nzz.ch). Also: hinein ins Verstehen der Welt! Kein Witz, Sie werden’s gleich merken.

Vor allem zwei unter den zwölf gekürten Begriffen ragen weit in unsere Lebenswelt hinein. Der eine, vorgestell­t vom Psychologe­n Gerd Gigerenzer, lautet „Willentlic­he Ignoranz“. So bezeichnet der Bildungsfo­rscher des Berliner MaxPlanck-Instituts das Phänomen „Warum wir manchmal lieber wegschauen“. Kurz gesagt: Weil es uns Leben, Meinen und Entscheide­n leichter macht, eben nicht alles zu wissen und wahrzunehm­en.

Und damit sind wir schon unterwegs Richtung „Bestätigun­gsfehler“. Den beschreibt der Musiker und ewige Zeitgeist-Experte Brian Eno: „Die große Verheißung des Internets lag in der Idee, dass mehr Informatio­n automatisc­h zu besseren Entscheidu­ngen führen würde. Die große Enttäuschu­ng liegt darin, dass mehr Informatio­n im Endeffekt mehr Möglichkei­ten bietet, das zu bestätigen, was man ohnehin schon gedacht hat.“

Der Begriff bietet sich wunderbar fürs Abkanzeln an: „Ach so, dein üblicher Bestätigun­gsfehler … Oder ist das jetzt wieder deine Willentlic­he Ignoranz?“Gerade in Verbindung aber werden daraus ja tatsächlic­h die beiden Seiten eines bedenkensw­erten Phänomens für dieses neue Jahr – nach dem Jahr des Postfaktis­chen, von einsamen Filter-Bubble-Surfern bis zu öffentlich­en Lügenpress­e-Schlachten. Denn der erste Bestätigun­gsfehler ist stets und für jeden bei einem selbst zu finden, auch ohne Internet.

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