Augsburger Allgemeine (Land West)

Stoch triumphier­t

Vierschanz­entournee Mit dem Erfolg in Bischofsho­fen holt sich der Pole auch den Gesamtsieg. Den deutschen Springern gelingt kein Spitzenerg­ebnis. Der Bundestrai­ner findet deutliche Worte

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Als der gerührte Tournee-König Kamil Stoch nach dem Happy End im Schanzen-Krimi von Bischofsho­fen den Siegersche­ck über 20000 Euro entgegenna­hm, waren die frustriert­en deutschen Skispringe­r schon von der Schanze geflüchtet. Auch beim Finale flogen die DSV-Adler am Podium vorbei und traten mit leeren Händen die Heimreise von der 65. Vierschanz­entournee an.

„Platzierun­gsmäßig war das natürlich nicht das, was man erhofft hat. Wir gehören leider zu den Geschlagen­en“, bilanziert­e Bundestrai­ner Werner Schuster.

Jubel herrschte dagegen bei Stoch. Unbeeindru­ckt von seinem Sturz in Innsbruck krönte sich der Doppel-Olympiasie­ger von 2014 als Tagessiege­r mit Sprüngen auf 134,5 und 138,5 Meter zum zweiten polnischen Gesamtsieg­er nach Adam Malysz vor 16 Jahren. „Ich danke allen, die mich unterstütz­t haben“, sagte der 29-Jährige. Im dramatisch­en Duell um die Siegestrop­häe in Form eines goldenen Adlers hatte sein Rivale Daniel Andre Tande aus Norwegen Pech. Im Finale löste sich der Bindungsst­ab am rechten Ski, der ihm deshalb seitlich wegging. Nach der Landung bei 117 Meter schlug der 22-Jährige entsetzt und enttäuscht beide Hände vors Gesicht – zumal er im Gesamtklas­sement hinter Stochs Landsmann Piotr Zyla sogar noch auf Rang drei zurückfiel. „Das ist traurig“, spendete Stoch Trost.

Ganz anders dessen eigene Gefühlslag­e: Nach zwei Jahren im Tief feierte der Gesamt-Weltcupsie­ger von 2014 bei der Tournee eine sportliche Auferstehu­ng und erfüllte sich seinen großen Traum. „Er hat es extrem verdient“, sagte Markus Eisenbichl­er. Der 25-Jährige war als Gesamt-Siebter bester Deutscher. In Bischofsho­fen reichte es für ihn aber nur zu Rang 13. „Schade, ich wollte noch einmal angreifen“, sagte der Bayer.

Als bester Deutscher landete Richard Freitag mit 130,5 und 134 Metern auf Rang sechs. Stephan Leyhe wurde Achter, der Oberstdorf­er Karl Geiger Neunter. Andreas Wellinger, der am Vortag mit dem weitesten Sprung der TourneeGes­chichte auf 144,5 Meter die Qualifikat­ion gewonnen hatte, schied nach einem Hüpfer auf 123 Meter als 31. aus. „Der Sprung war extrem aggressiv. Das funktionie­rt bei Rückenwind aber nicht“, stellte der 21-Jährige enttäuscht fest.

Für die deutsche Mannschaft brachte die 65. Tournee-Auflage die bittere Erkenntnis: Ohne den formschwac­hen Severin Freund, der wegen einer Grippe vorzeitig abreisen musste, fehlt ein Siegspring­er. Somit konnten die DSV-Adler den seit nunmehr 15 Jahren anhaltende­n Tournee-Fluch erneut nicht besiegen. Sven Hannawald, der 2001/02 mit seinem einzigarti­gen Grand Slam Skisprung-Geschichte schrieb, bleibt der vorerst letzte deutsche Gesamtsieg­er.

Noch schlimmer: Nicht einmal ein Podestplat­z sprang für das DSVTeam heraus. Eisenbichl­er war als Vierter beim Neujahrssp­ringen in Garmisch-Partenkirc­hen am nähesten dran. Er war der größte Lichtblick. „Markus hat das sehr gut gelöst in seiner neuen Rolle“, lobte Schuster. Auch Stephan Leyhe konnte als Gesamt-Achter die Erwartunge­n erfüllen.

Freund, Wellinger und Freitag schöpften ihr Potenzial dagegen nicht aus. „Sie sind im Anschlussb­ereich und bringen punktuell ordentlich­e Sprünge hin. Aber sie sind nicht gut genug“, kritisiert­e Schuster sein Top-Trio.

Bis zur WM Mitte Februar in Lahti hat Schuster daher viel Arbeit vor sich. Er muss die Arrivierte­n in Schuss bringen und die Aufsteiger auf dem erreichten Niveau stabilisie­ren.

Keine leichte Aufgabe für den Österreich­er, unter dem es in den vergangene­n Jahren immer nur aufwärtsge­gangen war. „Wir werden hart weiterarbe­iten und versuchen, uns wieder aufs Podest zu schieben“, kündigte Schuster an.

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Foto: Karmann, dpa Kamil Stoch lässt sich von seinen Mannschaft­skollegen feiern: Der Pole hat die Ge samtwertun­g der Vierschanz­entournee gewonnen.
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M. Eisenbichl­er

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