Augsburger Allgemeine (Land West)
Das wertvollste Vereinsmitglied
Vom großen Groucho Marx ist der Spruch überliefert: „Ich möchte keinem Klub angehören, der mich als Mitglied aufnehmen würde.“Der anarchische Komiker, möglicherweise sogar noch vereint mit seinen chaotischen Brüdern, in einem Verein – die Vorstellung dürfte bei jedem Vorsitzenden Panikattacken auslösen. Im modernen Profifußball scheint es ohnehin, als ob das Vereinsmitglied von den Managern nur noch als zierendes Anhängsel gesehen wird. Es soll Stimmung im Stadion machen und ansonsten die wichtigen Entscheidungen denen überlassen, die was davon verstehen.
Es verwundert nicht, wenn Deutschlands modernster „Klub“konsequent den Weg zum Verein ohne Mitglieder geht. RB Leipzig hat nur knapp über ein Dutzend Mitglieder. Handverlesen, stramm auf RB-Kurs, auf dass ja keine Versammlung von unberechenbaren Marx-Brüdern gestört wird.
Beim Zweitligisten Karlsruher SC dagegen sind sie derzeit zumindest über eines der 7300 Mitglieder richtig glücklich. Der Mann war bei der Jahreshauptversammlung im vergangenen September aufgestanden. Er führte aus, dass 2011, als die Spieler Zimmermann und Rupp vom KSC zu Borussia Mönchengladbach wechselten, ein Ablösespiel vereinbart worden sei. Das habe er damals gelesen. Wann denn jetzt die Partie stattfinde?
Die Vereinsführung zeigte sich verblüfft und unwissend. Manager Todt prüfte die Sache. Und tatsächlich, jetzt ist bekannt geworden: Es gibt die Abmachung. Die Sache war irgendwie in Vergessenheit geraten. Die Partie soll nun doch noch stattfinden. Sie dürfte den Karlsruhern Einnahmen im sechsstelligen Bereich bescheren.
Den scheidenden KSC-Manager Todt (er geht zum HSV, siehe Bericht unten) muss man in Schutz nehmen. Er hat das nicht verbockt. Beim KSC geht es traditionell sehr turbulent zu. Ungefähr wie in einem Film der Marx-Brüder. In der Zeit um 2011 herum hatten sich die Karlsruher selbst übertroffen und innerhalb von zwei Spielzeiten drei Präsidenten, sechs Vizepräsidenten, drei Sportdirektoren und fünf Trainer verschlissen. Und mit Ausnahme von zwei Spielern wurde auch noch der komplette Kader durchgetauscht.
Da kann schon mal eine Ablösespiel-Abmachung unter den Schreibtisch fallen. Aber wohl dem Verein, der wahrlich wertvolle Mitglieder besitzt.