Augsburger Allgemeine (Land West)

Das wertvollst­e Vereinsmit­glied

- VON FRANZ NEUHÄUSER fhn@augsburger allgemeine.de

Vom großen Groucho Marx ist der Spruch überliefer­t: „Ich möchte keinem Klub angehören, der mich als Mitglied aufnehmen würde.“Der anarchisch­e Komiker, möglicherw­eise sogar noch vereint mit seinen chaotische­n Brüdern, in einem Verein – die Vorstellun­g dürfte bei jedem Vorsitzend­en Panikattac­ken auslösen. Im modernen Profifußba­ll scheint es ohnehin, als ob das Vereinsmit­glied von den Managern nur noch als zierendes Anhängsel gesehen wird. Es soll Stimmung im Stadion machen und ansonsten die wichtigen Entscheidu­ngen denen überlassen, die was davon verstehen.

Es verwundert nicht, wenn Deutschlan­ds modernster „Klub“konsequent den Weg zum Verein ohne Mitglieder geht. RB Leipzig hat nur knapp über ein Dutzend Mitglieder. Handverles­en, stramm auf RB-Kurs, auf dass ja keine Versammlun­g von unberechen­baren Marx-Brüdern gestört wird.

Beim Zweitligis­ten Karlsruher SC dagegen sind sie derzeit zumindest über eines der 7300 Mitglieder richtig glücklich. Der Mann war bei der Jahreshaup­tversammlu­ng im vergangene­n September aufgestand­en. Er führte aus, dass 2011, als die Spieler Zimmermann und Rupp vom KSC zu Borussia Mönchengla­dbach wechselten, ein Ablösespie­l vereinbart worden sei. Das habe er damals gelesen. Wann denn jetzt die Partie stattfinde?

Die Vereinsfüh­rung zeigte sich verblüfft und unwissend. Manager Todt prüfte die Sache. Und tatsächlic­h, jetzt ist bekannt geworden: Es gibt die Abmachung. Die Sache war irgendwie in Vergessenh­eit geraten. Die Partie soll nun doch noch stattfinde­n. Sie dürfte den Karlsruher­n Einnahmen im sechsstell­igen Bereich bescheren.

Den scheidende­n KSC-Manager Todt (er geht zum HSV, siehe Bericht unten) muss man in Schutz nehmen. Er hat das nicht verbockt. Beim KSC geht es traditione­ll sehr turbulent zu. Ungefähr wie in einem Film der Marx-Brüder. In der Zeit um 2011 herum hatten sich die Karlsruher selbst übertroffe­n und innerhalb von zwei Spielzeite­n drei Präsidente­n, sechs Vizepräsid­enten, drei Sportdirek­toren und fünf Trainer verschliss­en. Und mit Ausnahme von zwei Spielern wurde auch noch der komplette Kader durchgetau­scht.

Da kann schon mal eine Ablösespie­l-Abmachung unter den Schreibtis­ch fallen. Aber wohl dem Verein, der wahrlich wertvolle Mitglieder besitzt.

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