Augsburger Allgemeine (Land West)
Die innovative Puppenkiste
Augsburg lässt sich nicht mehr so gern auf die Puppenkiste reduzieren. Zu betulich, zu kindlich, zu altmodisch, sagen die Marketingexperten. Sie wollen eine hippe Stadt anpreisen. Eine, die voll am Puls der Zeit fühlt, die modern und innovativ rüberkommt. Aber es ist schon so, dass Oehmichens Marionettenbühne immer noch einer der wichtigsten Imageträger der Stadt darstellt. Selbst ihr diesbezüglich schärfster Konkurrent, der FCA, lässt gern den Kasperl auf dem Rasen tanzen und spielt nach jedem Tor in der Arena triumphierend das Lummerland-Lied ab.
So ist es eben mit einem echt guten Werbeclaim: Man kriegt ihn einfach nicht mehr aus den Ohren. Mag die Firma auch längst in der Versenkung verschwunden sein. Die Augsburger Puppenkiste aber ist es definitiv nicht. Sonst wären die Vorstellungen in der Spitalgasse nicht alle ausverkauft. Trotzdem war es ein Wagnis, jetzt wieder ins Kino zu gehen. Würde eine abgefilmte Marionettentheater-Aufführung mit ihrem gemäßigten Tempo im Krieg der Sterne, der starlastigen Komödien und der supertollen Animationsfilme funktionieren? Noch dazu die biblische Weihnachtsgeschichte?
Ja, sie hat funktioniert – natürlich auch der Nostalgie der Eltern und Großeltern geschuldet. Das Stück steht in bester Tradition der Puppenkiste mit witzigen Dialogen, einer ungewöhnlichen ErzählPerspektive sprechender Tiere und einer Spielweise, die der Fantasie der Zuschauer Raum lässt. Das war eine Zeitlang nicht mehr so, blüht aber wieder stark auf. Staunen macht auch wieder das Kabarett der Puppenkiste. Wer intelligente Unterhaltung sucht: Hier ist sie.
*** „Intermezzo“ist unsere KulturKolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.