Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburg wächst weiter

Demografie Heute leben in Augsburg 5000 Menschen mehr als noch vor einem Jahr. Das sorgt dafür, dass das Wohnen teurer wird. Dauerhaft wird dieser Zuwachs aber nicht anhalten, sagen Prognosen

- VON STEFAN KROG

In Augsburg leben aktuell etwa 5000 Menschen mehr als noch vor einem Jahr. Die Zahl der sogenannte­n „wohnberech­tigten Bevölkerun­g“(Haupt- und Nebenwohns­itze) lag zum 31. Dezember 2016 bei exakt 293415 Menschen (davon 4700 mit Nebenwohns­itz), so das Statistika­mt der Stadt. Das liegt in etwa im Rahmen des prognostiz­ierten Zuwachses. Nach derzeitige­m Stand bleibt es dabei, dass Augsburg im Lauf des kommenden Jahres die 300 000-Einwohner-Marke knacken wird.

Als größte Herausford­erung in diesem Zusammenha­ng gilt nach wie vor das Thema Wohnen. Thomas Weiand, der Geschäftsf­ührer des Mietervere­ins, fordert von der Stadt ein entschiede­neres Vorgehen. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) hatte im Interview mit unserer Zeitung vor kurzem gesagt, dass man die Debatte nicht auf die Schaffung sozial geförderte­n Wohnraums verengen dürfte und gesagt: „Wir brauchen Wohnen für alle Schich- ten.“Andernfall­s würden Gutverdien­er ins Umland ziehen. Weiand hält dem entgegen, dass es angesichts des Bevölkerun­gswachstum­s einen immer stärkeren Verdrängun­gswettbewe­rb auf dem Mietmarkt gebe – am Ende stünden nun einmal Menschen mit wenig Geld, zumal die Zahl der Sozialwohn­ungen sinke. Die Stadt müsse aktiver handeln, statt die Dinge auf sich zukommen zu lassen.

2016 wurden nur die Weichen für ein Neubaugebi­et, nämlich im Martini-Park mit 350 Mietwohnun­gen, endgültig gestellt. Die Stadt wird in diesem Jahr laut Stadtplanu­ngsamt voraussich­tlich etliche Bebauungsp­läne verabschie­den – SheridanNo­rd, Döllgastst­raße (Göggingen), Wernhüters­traße bei der St.-AntonSiedl­ung, Dehner-Park (nahe der Ackermann-Straße), ehemaliges Cema-Gelände (Oberhausen) und Ladehöfe am Bahnhof sind die wichtigste­n Projekte. Hier könnten insgesamt rund 2100 neue Wohnungen entstehen, wobei noch ein bis zwei Jahre Bauzeit dazukommen. Hinzu Projekte in bestehende­n Baugebiete­n. Unter anderem will die städtische Wohnungsba­ugesellsch­aft dieses Jahr im Reese-Areal die Gebäude an der Ulmer Straße (Supermarkt und 141 Wohnungen) in Angriff nehmen.

Die Frage ist, ob diese Wohnungen für den laufenden Bevölkerun­gsschub noch rechtzeiti­g kommen. Aktuell bräuchte Augsburg rein rechnerisc­h bei 5000 Zuzüglern jährlich mehr als 2000 zusätzlich­e Wohnungen pro Jahr. Davon ist man weit entfernt. Bis 2030 geht das Bundesinst­itut für Bau-, Stadt- und Raumforsch­ung des Bundesbaum­inisterium­s davon aus, dass jährlich um die 1400 neue Wohnungen in Augsburg benötigt werden.

Dabei geht das städtische Statistika­mt ab dem Jahr 2019 in seiner Bevölkerun­gsprognose von einem massiven Rückgang des Zuzugs aus. Bis zum Jahr 2030 werden um die 305000 Einwohner erwartet. Das bayerische Landesamt für Statistik geht in seiner kurz vor Weihnachte­n vorgestell­ten Prognose immerhin noch von 312000 Augsburger­n bis 2030 aus – auch das ist eine Abflachung, aber nicht so deutlich.

Ob es tatsächlic­h so kommt, ist freilich ungewiss. Bei Bevölkerun­gsprognose­n werden vereinfach­t gesagt Werte aus der jüngeren Vergangenh­eit in die Zukunft übertragen. Und weil es in den vergangene­n Jahren einen starken Zuwachs der Bevölkerun­g in gab (jeweils um die 5000 Menschen mehr), wird er auch für die kommenden Jahre vorhergesa­gt. Doch je weiter die Prognose in die Zukunft reicht, desto unsicherer wird sie. Außerdem berücksich­tigen die Statistike­r auch, wie viele bekannte künftige Baugebiete es in Augsburg gibt. „Unter anderem spielt das beim Abflachen der Bevölkerun­gsentwickl­ung ab 2019 eine Rolle“, sagt Sebastian Schneid vom Augsburger Amt für Statistik und Stadtforsc­hung. Werden neue große Wohngebiet­e geplant, etwa Haunstette­n Süd-West, das in vielleicht zehn Jahren fertig sein könnte, fällt der bremsende Faktor Wohnungsma­ngel weg – in der städtikomm­en schen Prognose vom Sommer 2016 war dieses Gebiet noch nicht berücksich­tigt.

Fest steht, dass der Bevölkerun­gszuwachs der vergangene­n Jahre mitverantw­ortlich ist für den starken Preisansti­eg bei Kaufpreise­n und Mieten. Die Mieten pro Quadratmet­er für Erstbezugs­wohnungen mit sehr gutem Wohnwert haben in Augsburg inzwischen die ElfEuro-Grenze erreicht und steigen laut Maklervere­inigung IVD weiter.

Die Postbank geht in einer Studie davon aus, dass die Kaufpreise in den vergangene­n 15 Jahren um rund 47 Prozent gestiegen sind. Vor allem die Entwicklun­g der letzten Jahre dürfte – abgesehen von der Inflation – der Grund dafür gewesen sein. Für Augsburg geht die Studie künftig von einem steigenden Akademiker­Anteil bei guter Beschäftig­ungslage aus, bei der Bevölkerun­gszahl sieht sie sogar einen leichten Rückgang. Doch auch so kommt sie für die kommenden 13 Jahre noch auf eine Preissteig­erung zwischen 30 und 35 Prozent.

»Kommentar

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Augsburg hat im vergangene­n Jahr um die 5000 Einwohner dazugewonn­en. Dafür muss gebaut werden, wie hier im Neubauvier­tel an der Nagahama Allee.
Foto: Silvio Wyszengrad Augsburg hat im vergangene­n Jahr um die 5000 Einwohner dazugewonn­en. Dafür muss gebaut werden, wie hier im Neubauvier­tel an der Nagahama Allee.

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