Augsburger Allgemeine (Land West)
Augsburg wächst weiter
Demografie Heute leben in Augsburg 5000 Menschen mehr als noch vor einem Jahr. Das sorgt dafür, dass das Wohnen teurer wird. Dauerhaft wird dieser Zuwachs aber nicht anhalten, sagen Prognosen
In Augsburg leben aktuell etwa 5000 Menschen mehr als noch vor einem Jahr. Die Zahl der sogenannten „wohnberechtigten Bevölkerung“(Haupt- und Nebenwohnsitze) lag zum 31. Dezember 2016 bei exakt 293415 Menschen (davon 4700 mit Nebenwohnsitz), so das Statistikamt der Stadt. Das liegt in etwa im Rahmen des prognostizierten Zuwachses. Nach derzeitigem Stand bleibt es dabei, dass Augsburg im Lauf des kommenden Jahres die 300 000-Einwohner-Marke knacken wird.
Als größte Herausforderung in diesem Zusammenhang gilt nach wie vor das Thema Wohnen. Thomas Weiand, der Geschäftsführer des Mietervereins, fordert von der Stadt ein entschiedeneres Vorgehen. Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) hatte im Interview mit unserer Zeitung vor kurzem gesagt, dass man die Debatte nicht auf die Schaffung sozial geförderten Wohnraums verengen dürfte und gesagt: „Wir brauchen Wohnen für alle Schich- ten.“Andernfalls würden Gutverdiener ins Umland ziehen. Weiand hält dem entgegen, dass es angesichts des Bevölkerungswachstums einen immer stärkeren Verdrängungswettbewerb auf dem Mietmarkt gebe – am Ende stünden nun einmal Menschen mit wenig Geld, zumal die Zahl der Sozialwohnungen sinke. Die Stadt müsse aktiver handeln, statt die Dinge auf sich zukommen zu lassen.
2016 wurden nur die Weichen für ein Neubaugebiet, nämlich im Martini-Park mit 350 Mietwohnungen, endgültig gestellt. Die Stadt wird in diesem Jahr laut Stadtplanungsamt voraussichtlich etliche Bebauungspläne verabschieden – SheridanNord, Döllgaststraße (Göggingen), Wernhüterstraße bei der St.-AntonSiedlung, Dehner-Park (nahe der Ackermann-Straße), ehemaliges Cema-Gelände (Oberhausen) und Ladehöfe am Bahnhof sind die wichtigsten Projekte. Hier könnten insgesamt rund 2100 neue Wohnungen entstehen, wobei noch ein bis zwei Jahre Bauzeit dazukommen. Hinzu Projekte in bestehenden Baugebieten. Unter anderem will die städtische Wohnungsbaugesellschaft dieses Jahr im Reese-Areal die Gebäude an der Ulmer Straße (Supermarkt und 141 Wohnungen) in Angriff nehmen.
Die Frage ist, ob diese Wohnungen für den laufenden Bevölkerungsschub noch rechtzeitig kommen. Aktuell bräuchte Augsburg rein rechnerisch bei 5000 Zuzüglern jährlich mehr als 2000 zusätzliche Wohnungen pro Jahr. Davon ist man weit entfernt. Bis 2030 geht das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung des Bundesbauministeriums davon aus, dass jährlich um die 1400 neue Wohnungen in Augsburg benötigt werden.
Dabei geht das städtische Statistikamt ab dem Jahr 2019 in seiner Bevölkerungsprognose von einem massiven Rückgang des Zuzugs aus. Bis zum Jahr 2030 werden um die 305000 Einwohner erwartet. Das bayerische Landesamt für Statistik geht in seiner kurz vor Weihnachten vorgestellten Prognose immerhin noch von 312000 Augsburgern bis 2030 aus – auch das ist eine Abflachung, aber nicht so deutlich.
Ob es tatsächlich so kommt, ist freilich ungewiss. Bei Bevölkerungsprognosen werden vereinfacht gesagt Werte aus der jüngeren Vergangenheit in die Zukunft übertragen. Und weil es in den vergangenen Jahren einen starken Zuwachs der Bevölkerung in gab (jeweils um die 5000 Menschen mehr), wird er auch für die kommenden Jahre vorhergesagt. Doch je weiter die Prognose in die Zukunft reicht, desto unsicherer wird sie. Außerdem berücksichtigen die Statistiker auch, wie viele bekannte künftige Baugebiete es in Augsburg gibt. „Unter anderem spielt das beim Abflachen der Bevölkerungsentwicklung ab 2019 eine Rolle“, sagt Sebastian Schneid vom Augsburger Amt für Statistik und Stadtforschung. Werden neue große Wohngebiete geplant, etwa Haunstetten Süd-West, das in vielleicht zehn Jahren fertig sein könnte, fällt der bremsende Faktor Wohnungsmangel weg – in der städtikommen schen Prognose vom Sommer 2016 war dieses Gebiet noch nicht berücksichtigt.
Fest steht, dass der Bevölkerungszuwachs der vergangenen Jahre mitverantwortlich ist für den starken Preisanstieg bei Kaufpreisen und Mieten. Die Mieten pro Quadratmeter für Erstbezugswohnungen mit sehr gutem Wohnwert haben in Augsburg inzwischen die ElfEuro-Grenze erreicht und steigen laut Maklervereinigung IVD weiter.
Die Postbank geht in einer Studie davon aus, dass die Kaufpreise in den vergangenen 15 Jahren um rund 47 Prozent gestiegen sind. Vor allem die Entwicklung der letzten Jahre dürfte – abgesehen von der Inflation – der Grund dafür gewesen sein. Für Augsburg geht die Studie künftig von einem steigenden AkademikerAnteil bei guter Beschäftigungslage aus, bei der Bevölkerungszahl sieht sie sogar einen leichten Rückgang. Doch auch so kommt sie für die kommenden 13 Jahre noch auf eine Preissteigerung zwischen 30 und 35 Prozent.
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